Kunsthändler der Avantgarde
De
 | 

Rezeption

Alfred Flechtheims Ruf war international und sein Netzwerk eindrucksvoll. Hermann Lange, Textilfabrikant und Sammler, nannte ihn einen Paneuropäer, der die deutsch-französischen Beziehungen befördert habe. In Düsseldorf solle man die Fahne auf dem Parkhotel hissen, wenn er in der Stadt sei, denn er bringe Pariser Luft mit an den Rhein. Er möge nie vergessen, dass er hier Heimatrecht habe, hieß es im April 1928 in der Extraausgabe der Galeriepublikation Querschnitt durch Alfred Flechtheim zu seinem 50. Geburtstag über den illustren Händler. Hingegen wurde fünf Jahre später, im März 1933, eine von Flechtheim und den Galerien Hugo Helbing und Georg Paffrath gemeinsam organisierte Auktion durch die SA gewaltsam abgebrochen. Zu seinem 55. Geburtstag kam es in einem Hetzartikel in der Volksparole zu massiven antisemitischen Attacken gegen ihn und die von ihm vertretenen  Künstler. Im Oktober 1933, einen Monat nach Gründung der Reichskulturkammer unter der Leitung von Reichspropagandaminister Joseph Goebbels, deutete Flechtheim seine Lage als Kunsthändler jüdischer Herkunft unfehlbar: schon früh und vehement öffentlich diffamiert, verließ er Deutschland und versuchte als Händler im Ausland neu Fuß zu fassen. 1937 starb er im Alter von nur 59 Jahren in London.

Der nach Paris emigrierte Kunstkritiker Paul Westheim schrieb in seinem Nachruf, Flechtheim habe sich in London gerade eine neue Existenz aufgebaut und als Beteiligter an der Mayor Gallery fänden seine Ausstellungen große Resonanz. Er würdigte ihn mit den Worten: Alfred Flechtheim war mehr als ein Kunsthändler, er war innerhalb des Zeittheaters, das mit anzusehen wir die Ehre haben, ein Mann, der immer im Vordergrund stand, ein Typ, den alle Welt kannte, von dem alle Welt redete.

Unter Rezeption wird im Folgenden die Wahrnehmung von Alfred Flechtheim in den damaligen Fachkreisen von Sammler, Händlern und Museen, aber auch in der breiteren Öffentlichkeit verstanden, sowohl zu Lebzeiten Flechtheims wie auch in den Jahrzehnten danach. Gleichzeitig wird ein kleiner Abriss über die Historiografie gegeben. Flechtheim hat Kunstgeschichte und Geschichte geschrieben. Diese gilt es hier zeitlich geordnet in drei  Kapiteln aufzuzeigen:

Lob und Kontroversen vor 1933

1933 bis 1937: Verfemung und Flechtheims Tod

Nach dem Zweiten Weltkrieg: Vergessen und Wiederentdeckung

Tags