Kunsthändler der Avantgarde
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Die Website zeigt mehr als 300 Werke, die durch ihre Provenienz (= Herkunft) in Verbindung mit den Galerien von Alfred Flechtheim stehen. Sie ermöglicht eine Reise in die Vergangenheit dieser Bilder und stellt ihre bisherigen Eigentümer und Händler vor. Sie vermittelt damit anschaulich historische Fakten zur Entstehung von Sammlungskomplexen in Museen. Gleichzeitig schildert sie Einzelschicksale von Kunstwerken und verbildlicht deren Wege durch die Kunsthandlungen und Sammlungen Europas bis nach Amerika und von dort zurück in deutsche Museen, die die heutigen Eigentümer sind. Im Mittelpunkt und als alle Werke verbindendes Glied steht das bewegende Schicksal des Kunsthändlers Alfred Flechtheim, dessen Lebenswerk das Projekt würdigt. Als Symbolfigur für den Handel mit der Avantgarde in der Zeit der Weimarer Republik und im Dritten Reich liefert seine Biografie wesentliche Grundlagen für die Beurteilung  und Erforschung dieses Themenkomplexes. Zudem thematisiert die Website die Rezeption und Provenienzforschung zu Alfred Flechtheim. Komplexe historische Zusammenhänge werden hier erstmals anhand von Kunstwerken, Archivalien und Dokumenten online einer breiten und internationalen Öffentlichkeit vermittelt.

Die virtuelle Zusammenstellung von mehr als 300 Werken ermöglicht eine Ausstellung, die in Form einer klassischen Kunstausstellung an einem Ort nicht realisierbar gewesen wäre. Hohe Transport- und Versicherungskosten, die Fragilität der Kunstwerke und nicht vorhandene Ausstellungsbudgets hätten das Projekt unmöglich gemacht. Gleichzeitig erlauben die online zusammengestellten Provenienzen grundlegende  Rückschlüsse auf Verkaufsstrategien, Handlungsmuster und Gewohnheiten in den von Alfred Flechtheim aufgebauten Kunsthandlungen. Sie verdeutlichen beispielsweise exemplarisch, an welchen Standorten Flechtheim der von den Museen geschätzte Händler war: Während die Museen in Norddeutschland und im Rheinland umfangreiche Bestände aufweisen, war sein Einfluss im Süden wesentlich geringer, weil er dort in direkter Konkurrenz mit anderen Kunsthandlungen wie Goltz, Thannhauser, Böhler und Heinemann stand. In Berlin hatte er mit Cassirer und Thannhauser direkte Konkurrenten, in Düsseldorf war die Galerie Paffrath ein wichtiger Händler für die rheinischen Museen. Dafür profitierten Sammlungen in München oder Stuttgart von den Stiftungen und Ankäufen der Nachkriegszeit (Günther Franke, Theodor und Woty Werner, Hugo Borst), unter denen sich Kunstwerke aus privaten Sammlungen mit der Provenienz Flechtheim befanden. Die Provenienzen verdeutlichen weiter, mit welchen Museumsdirektoren, Sammlern und Händlern und zu welchen Konditionen Alfred Flechtheim in Kontakt stand. Unter diesen sind die Museumsdirektoren Gustav Pauli und Karl Koetschau besonders hervorzuheben, zu denen  die engsten Beziehungen bestanden.

Außerdem thematisiert die Website das Verhältnis von Alfred Flechtheim zu den von ihm vertretenen Künstlern, das in über 80 Künstler-Händler-Biografien beschrieben wird und so das vielfältige und außergewöhnliche Engagement des Händlers für die Kunst der Moderne und der Avantgarde zeigt. Dabei wird deutlich, dass Flechtheim vor allem ein Händler für die Künstler war, die durch den Nationalsozialismus verfemt und deren Werke in Depots verbannt und 1937 beschlagnahmt wurden. Nicht alle der über 300 Werke sind heute noch in den Museen vorhanden, denn durch die Aktion „Entartete Kunst“ wurden über 50 dieser bei Alfred Flechtheim angekauften Kunstwerke 1937 in den Museen beschlagnahmt und entfernt.

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