Kunsthändler der Avantgarde
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Herkunft

Die Kaufmannsfamilie Flechtheim lässt sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen. Sie stammte aus dem ostwestfälischen Brakel, wo 1845 Alfreds Flechtheims Großvater Moses (1814-1886) den Getreidehandel namens M. Flechtheim gründete. Der Ehe mit Henriette Feibes aus Lengerich entstammten die zwei Söhne Alex (1846-1902) und Emil (1850-1933). 1870 siedelte die Familie nach Münster um, wo sie der Ausbruch des Deutsch-Französischen Krieges zum wichtigen und äußerst erfolgreich expandierenden Getreidelieferanten für das dort ansässige Preußische Armeekorps machte. Die guten Standortbedingungen nutzten Emil und Alex, seit 1877 Geschäftinhaber, zur Expansion und richteten 1884 eine Filiale in Duisburg und 1895 eine Niederlassung in Düsseldorf ein. Die Niederlassung in Münster wurde Alex anvertraut und firmierte unter dem Namen Flechtheim u. Comp. Der alte Name M. Flechtheim ging auf die Düsseldorfer Firma über. An ihrer Spitze stand Emil Flechtheim, der mit seiner Familie nach Düsseldorf umzog.  Gegen Ende des 19. Jahrhunderts beliefen sich die jährlichen Umsätze der Duisburger Niederlassung, die als Rheinisch-Westfälische Speditions-Gesellschaft firmierte, auf 10 bis 12 Millionen Mark. Die Brüder waren in allen wesentlichen Ämtern und Ehrenämtern an den Getreidebörsen, Behörden und Handelskammern vertreten. Dem Wahlspruch der Firma „Thue Recht, dann schäue Niemand“ entsprechend waren die Familie Flechtheim und ihre Handelsbeziehungen international renommiert. Als Alex Flechtheim 1902 mit nur 56 Jahren verstarb, übernahm Emil die Gesamtleitung. Seiner Ehe mit der aus Dortmund stammenden Emma Heymann entstammten drei Kinder: Alfred (geb.1878), Herrmann (geb.1880) und Erna (geb.1883). Emil Flechtheim ernannte seinen Sohn Alfred zum Teilhaber. Alfred verstand sich als Westfale: „Meine Eltern sind Westfalen, und ich kann, trotzdem ich reiner Semit bin, auf eine so lange Reihe westfälischer Ahnen zurückblicken, daß ich mir schmeicheln darf, in diesem Lande ebenso lange ansässig zu sein wie die Drostes und die Arenbergs.“ Er schlug zunächst den für ihn vorgesehen Berufsweg ein und erlernte in der Schweiz, Frankreich, England und Rußland das Metier des Getreidehandels.

Die Firmenentwicklung verlief nicht sehr glücklich und Flechtheim konnte die hohen Jahresumsätze der Ära seines Vaters und Onkels vor der Jahrhundertwende nicht halten. Ab 1906 gingen die Umsätze deutlich zurück. Flechtheim suchte zusammen mit Arthur Löwenstein, dem ersten Ehemann von Tea Sternheim nach neuen Märkten in Spanien und investierte u.a. in Antimonbergwerke, ohne jedoch wesentliche Kapitalvermehrung zu erreichen. 1913 stand die Firma vor dem Ruin, was Flechtheim in seinem Tagebuch kommentierte: „Ich habe die besten Jahre meines Lebens meinen Eltern geopfert; mit fehlt die Energie. Jetzt bin ich mitten drin im Sumpf. (…) gestern abend die Rohbilanz der Mühle fertig. Grauenhaft. Ich sah den Concours, die Ehrlosigkeit vor Augen. Lieber tot als ehrlos.“

Nur durch finanzielle Hilfe seitens der Mittelrheinischen Bank und des Bankhauses D.H. Stein (Köln) konnte der gefürchtete Konkurs verhindert werden. Alfred Flechtheim allerdings beendet seine Karriere als Getreidehändler und wurde mit Unterstützung von Paul Cassirer Kunsthändler.

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