Liquidierung
Die Machtübergabe an die Nationalsozialisten im Januar 1933 und der gewaltsame Abbruch einer von ihm mitorganisierten Auktion durch die SA im März 1933 waren historische Ereignisse, die in Folge zur Auflösung der Alfred Flechtheim GmbH und Emigration ihres Inhabers führten.
Zeitzeugen und Wegbegleiter wie Thea Sternheim und George Grosz berichteten von der finanziell angespannten Lage der Galerie ab 1929 und dem drohenden Konkurs 1932. Der Wirtschaftsprüfer Alfred Schulte, den Flechtheim als Steuerberater seines früheren Geschäftspartners Löwenstein und ersten Ehemann von Thea Sternheim kennengelernt hatte, war ab November 1933 von ihm mit der Liquidierung der Berliner Galerie betraut und konnte den Konkurs verhindern.
Von Schulte ist Korrespondenz mit den Künstlern erhalten, die mit Flechtheim eine vertragliche Verbindung eingegangen waren und Jahresgehälter als Gegenwert für Exklusivrechte zum Verkauf ihrer Kunstwerke erhielten oder ihm Kommissionsware überlassen hatten. Schulte taxierte demnach die Forderungen an die GmbH auf 120.000 Reichsmark und versuchte einige der Gläubiger, unter ihnen Paul Klee, zum Verzicht auf ihre Forderungen zu bewegen, um den Konkurs abzuwenden.
Mitbeteiligt an der Liquidierung war Flechtheims Nichte Rosi Hulisch, die die praktische Abwicklung wie beispielsweise die Rücksendung von Kommissionsware organisierte. Das Vermögen von Flechtheims Ehefrau Betty wurde für die Liquidierung nicht angetastet, da das Ehepaar Gütertrennung vereinbart hatte.
Tatsächlich sind weder Geschäftsbücher noch Aufstellungen der GmbH, Steuer- oder Devisenakten erhalten, die eine realistische Einschätzung zulassen würden, über welche Kunst- und sonstigen Vermögensbestände der Galerist vor seiner Emigration noch verfügen konnte. Die rudimentär überlieferte Korrespondenz mit Kunsthändlern wie Daniel-Henry Kahnweiler und anderen vermittelt auszugsweise, dass Flechtheim sich aktiv um Kontenklärung hinsichtlich der Kunstbestände bemühte. Auf der Grundlage der in Berlin erhaltenen Handelsregistereinträge lässt sich rekonstruieren, dass Alex Vömel im Mai 1933 seine Geschäftsführerschaft in der Düsseldorfer Galerie niederlegte und Ende des Jahres die Liquidierung der Gesellschaft eingeleitet wurde. Vömel war bereits am 25. März 1933 mit einer eigenen, neu angemeldeten Galerie in die Geschäftsräume der Flechtheim GmbH gezogen. Ab Sommer 1935 war die Berliner Galerie Hauptstandort und die ehemalige Düsseldorfer Hauptniederlassung existierte nicht mehr. Mit dem 27. März 1937 erlosch die Galerie Alfred Flechtheim GmbH vollständig. Der Vorgang vollzog sich weitgehend in Abwesenheit Flechtheims, der Ende September, Anfang Oktober 1933 Berlin verlassen hatte und zunächst in der Schweiz, dann in Paris und schließlich in London Fuß zu fassen versuchte. Von London aus berichtete er im April 1934 an George Grosz in Amerika:
„…jetzt bin ich so zieml. über ½ Jahr draußen. Meine deutschen Galerien sind finanziell völlig zusammengebrochen u. nur mit Mühe und viel Aufregung ist es meinem Liquidator gelungen, einen Concours zu vermeiden. Meine Gläubiger bekommen 20 %. Es ist ihm gelungen mich vor voelligem Concurs zu retten. Meine sämtlichen Bilder habe ich meiner Masse zugeführt. Ich verkaufe sie für Rechnung der Gläubiger in London, wo ich jetzt 2 Monate weilte u. hoffe, irgendwie festen Fuß zu fassen…- In Deutschland ist alles aus für mich ein fremdes Land ohne Geld in diesen Zeiten! Du kannst Dir denken, wie meine Frau und ich leiden."
Die letzte Gesellschafterversammlung am 25. April 1935 in Berlin wurde allerdings in Flechtheims Beisein durchgeführt, da er Unterschriften leisten musste.