Kunsthändler der Avantgarde
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Who's Who


 

Familienangehörige

Betti Flechtheim (links)Bertha Flechtheim (1878-1941 )

Alfred Flechtheims Ehefrau Bertha (Betty/Betti) [hier links im Bild] war die Tochter von Salomon Goldschmidt und dessen Frau Lina, geborene Windmüller, aus Dortmund. Sie hatte zwei jüngere Schwestern namens Henny (1880-1942) und Klara (1881-1942), letztere hatte eine Tochter, die Rosi hieß.

Für den Kontakt zwischen den Familien Goldschmidt und Flechtheim mögen einerseits die Beziehungen von Alfred Flechtheims Mutter nach Dortmund, andererseits wohl auch geschäftliche Kontakte an der Dortmunder Getreidebörse ursächlich gewesen sein. Das frisch vermählte, nicht mehr  ganz junge Ehepaar führte die Hochzeitsreise im Jahr 1910 nach Paris, wo Alfred Flechtheim laut George Grosz größere Kunsterwerbungen tätigte und dafür die Mitgift seiner Frau einsetzte. Auf Drängen von Salomon Goldschmidt, der zu den vermögendsten Dortmunder  Familien zählte, vereinbarte das Ehepaar Gütertrennung.

In den folgenden Jahren trat Bertha Flechtheim im Vergleich zu ihrem Ehemann nur wenig in Erscheinung. Quellen, die Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit und ihre Lebensgestaltung zulassen, sind spärlich und stammen oft von Thea Sternheim. Offenbar war Bertha Flechtheim mit den beruflichen Plänen ihres Mannes einverstanden und setzte sich, als dieser im Ersten Weltkrieg kämpfte, für die Galerie ein. Wegen ihrer familiären Bindung behielt Bertha Flechtheim ihren Wohnsitz in Düsseldorf, als ihr Mann seinen Arbeitsschwerpunkt 1921 nach Berlin verlegte. Erst 1928 zog sie in die repräsentative Wohnung in der Bleibtreustraße 15/16 nach. Dort gab es zahlreiche Feste und Einladungen, anlässlich derer Bertha Flechtheim ihre vielgerühmten Qualitäten als Gastgeberin entfaltete.

Als ihr Mann 1933 seine Galerien schloss und emigrierte, blieb Bertha Flechtheim in Berlin. 1935 unternahm das Ehepaar anlässlich seiner Silbernen Hochzeit eine Italienreise, von der Korrespondenz aus Florenz überliefert ist. 1936 ließen sich Bertha und Alfred Flechtheim scheiden, vermutlich um Bertha Flechtheim und ihr Vermögen, das durch die Emigration von Alfred Flechtheim in Gefahr war, zu schützen. Bertha Flechtheim wäre ansonsten Reichsfluchtsteuer auferlegt worden. Als Alfred Flechtheim 1937 erkrankte, kam Bertha Flechtheim umgehend nach London und war bis zu seinem Tod an seiner Seite, kehrte anschließend aber wieder nach Berlin in die Wohnung in Wilmersdorf (Düsseldorfer Straße 44/45) zurück. Dort wurde sie von der legislativen Verfolgung erfasst: Sie musste finanzielle Sicherheiten für die „Reichsfluchtsteuer“ hinterlegen, im Rahmen der „Judenvermögensabgabe“ etwa 70.000 RM entrichten sowie Schmuck- und Wertgegenstände bei der Städtischen Pfandleihanstalt Berlin abgeben. Nachdem sie im Herbst 1941 den Deportationsbefehl erhielt, nahm sich Bertha Flechtheim das Leben. Sie starb im November 1941 in einem jüdischen Krankenhaus. Ihr großes Vermögen zog der Staat vollständig ein. Hierbei ist vor allem die Tatsache von Bedeutung, dass Bertha Flechtheim in ihrer Wohnung ganz offensichtlich Bilder aufbewahrte. Um welche Bilder es sich im Einzelnen handelte, bleibt allerdings unklar.

Bertha Flechtheim wurde auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beerdigt.

 

 

Rosi Hulisch (1898-1942) und Klara Hulisch (1881-1942)

Betti Flechtheim (links)Rosi Hulisch war die Tochter von Max Hulisch und dessen Frau Klara [hier rechts im Bild] geb. Goldschmidt, die eine der zwei jüngeren Schwester von Bertha Flechtheim war.

Zeit ihres Lebens stand Bertha Flechtheim in enger Beziehung zu ihrer Schwester Klara, die in Berlin mit den Arzt Max Hulisch verheiratet war. Nach dem Selbstmord von Bertha Flechtheim 1941 beerbte Klara Hulisch zusammen mit ihrer Schwester Henny Windmüller in Dortmund ihre ältere Schwester.

Klara Hulischs Tochter Rosi war seit den zwanziger Jahren eine enge Mitarbeiterin von Alfred Flechtheim und wurde von ihm mit der Liquidierung der Galerie in Berlin betraut. Bis 1937 betreute sie die geschäftliche Abwicklung der Galerie, obwohl ihr Ende 1933 die Kündigung ausgesprochen worden war. Ihr Name hat sich in der Korrespondenz etlicher Künstler (Renée Sintenis, Paul Klee) mit der Galerie erhalten. Im April 1942 mussten Klara und Rosi Hulisch ihre Wohnung in Charlottenburg aufgeben und wurden gezwungen, in ein sogenanntes „Judenhaus“ zu ziehen. Nachdem sie im November den Deportationsbefehl erhalten hatten, setzten beide – wie zuvor schon Bertha Flechtheim – am 4. November 1942 ihrem Leben ein Ende. Der bei ihnen noch vorhandene Bildbesitz wie auch die Wohnungseinrichtung wurden beschlagnahmt und gelten bis heute als verschollen. Rosi und Klara Hulisch wurden auf dem jüdischen Friedhof in Berlin-Weißensee beerdigt.

 

 

Julius Flechtheim (1876-1940)

Der zwei Jahre ältere Cousin Alfred Flechtheims, Julius, spielte in Flechtheims Leben mehrfach eine wichtige Rolle. Er wurde am 18.5.1876 als ältester Sohn von Alex Flechtheim in Münster geboren und besuchte wie Alfred das Gymnasium Paulinum. Anschließend studierte er Jura und arbeitete nach der Promotion als Rechtsanwalt und Dozent an der Handelshochschule in Köln. Mit seinen juristischen Kenntnissen setze er sich für Alfred Flechtheim ein. Bei der Versteigerung der Flechtheim-Bestände 1917 ersteigerte er die Skulptur „Der Redner“ von Georg Minne und kaufte später vermutlich weitere Werke bei seinem Cousin, da er als Syndicus der IG Farben vermögend war. Als Flechtheim in finanzielle Not geriet, gewährte er ihm einen Kredit. Obwohl Julius Flechtheim seit 1933 nach und nach alle Ämter verlor, konnte er noch bis 1939 als juristischer Berater tätig bleiben. Er unterstützte bedürftige Verwandte, möglicherweise auch Betti Flechtheim. Im April 1939 emigrierte er nach Zürich, wo er am 30. November 1940 verstarb.

Zeitgenossen

Sir Geoffrey Agnew (1908-1986)

Die renommierte Londoner Kunsthandlung Agnew`s existierte bereits in der fünften Generation, als der junge Eton-Absolvent Geoffrey Agnew  1931 beschloss, in das Familienunternehmen einzusteigen. 1817 von seinem Ururgroßvater Thomas Agnew gegründet, hatte sich die Galerie in der Old Bond Street auf das Geschäft mit alten Meistern spezialisiert. Dem wirtschaftlichen Erfolg in den zwanziger   Jahren, als sowohl prominente amerikanische Sammler wie auch die großen britischen Museen zu Agnew’s wichtigsten Käufern gehörten, folgte der finanzielle Einbruch mit der Weltwirtschaftskrise. Agnew’s musste seine Filialen in New York und Manchester schließen und versuchte, mit dem Verkauf zeitgenössischer englischer Kunst sowie von Werken der französischen Impressionisten eine neue Kundschaft zu gewinnen. Geoffrey Agnew übernahm 1937 die Geschäftsführung und führte, vom Militärdienst freigestellt, den Betrieb auch während des Zweiten Weltkrieges in reduziertem Umfang fort. Zwischen 1965 und 1982 gelang es ihm, als Direktor der Kunsthandlung an die früheren internationalen Erfolge wieder anzuknüpfen. Unter dem Vorsitz seines Sohnes Julian Agnew wurde die traditionsreiche Galerie im Frühjahr 2013 geschlossen.

Geoffrey Agnew lernte Alfred Flechtheim 1935 über ihren gemeinsamen Bekannten Lord Ivor Spencer-Churchill kennen. Schon bald verband beide nicht nur eine enge Freundschaft, sondern auch eine geschäftliche Partnerschaft. Geoffrey Agnew begann sich soeben als Händler des französischen Impressionismus zu profilieren, als er von Flechtheim in die Pariser Kunstszene eingeführt wurde und von dessen Netzwerk profitierte. Flechtheim, der sich bis dahin in der Londoner Mayor Gallery vor allem für den Kubismus und Surrealismus engagiert hatte, organisierte für Agnew 1935 und 1936 mehrere Ausstellungen. Mit Präsentationen französischer Kunst des ausgehenden 19. Jahrhunderts, u.a. von Jean Renoir, André Derain und Edgar Degas, hoffte er auf dem englischen Kunstmarkt besser Fuß fassen zu können. Hinweise auf erfolgreiche Verkaufsabschlüsse gibt es aufgrund fehlender Quellen jedoch bislang nicht.  

 

 

Lili Baruch

Lili Baruch geb. Altschul emigrierte um 1927/28, unklar wohin. Ihre Lebensdaten sind unbekannt.

Als Inhaberin des Berliner Ateliers Baruch am Kurfürstendamm 201 fotografierte sie die Schauspieler und Tänzerinnen der 20er Jahre in Berlin, darunter den Stummfilmstar Ernst Hofmann, die Bildhauerin Renée Sintenis und den Kunsthändler Alfred Flechtheim. mit einer Leica.

Hans Robert Robertson, geb. 08.05.1883 in Hamburg, war noch Ende 1927 mit Lili Baruch gemeinsamer Inhaber des auf Tanz spezialisierten Berliner Ateliers Baruch (Kurfürstendamm 201), dann selbständig (Kurfürstendamm 200). Robertson emigrierte 1933 über die Schweiz, wo er Inger Vera Kyserlinden, geb. Levin heiratete, nach Dänemark; verstorben ebd. in Vangede am 11.09.1950. Det Kongelige Bibliotek in Kopenhagen besitzt seinen Nachlass mit ca. 3000 Originalabzügen aus allen Schaffensperioden und einer großen Anzahl von Negativen aus der Zeit von 1934-50. Darunter befindet sich auch die Aufnahme von Flechtheim von Lili Baruch.

 

 

Christoph Bernoulli (1897-1981)

Aus einer Musikerfamilie stammend, liebte der kosmopolitische, geistreiche und humorvolle Basler Christoph Bernoulli neben der bildenden Kunst die Musik. Er studierte Philosophie, Musikgeschichte und deutsche Literaturgeschichte. Nach seiner Promotion ging er nach Berlin, wo er sich als Schauspieler, Journalist und Musikverleger versuchte. In Berlin lernte er auch den damals noch in Hamburg in der Galerie Commeter arbeitenden Curt Valentin kennen. Die Freundschaft sollte bis zum Tod von Valentin 1954 bestehen bleiben. Auch mit Alex Vömel, dem langjährigen Düsseldorfer Mitarbeiter von Flechtheim, verband Bernoulli eine langjährige, sehr enge Beziehung (sie nannten sich »Zwilling«), die ebenso den Krieg überdauerte. Bei Gerhart Hauptmann auf Hiddensee lernte Bernoulli wiederum seine zukünftige Frau kennen, die Modezeichnerin Alice Meisel.

Nach Basel zurückgekehrt, betätigte Bernoulli sich als Kunsthändler und Innenarchitekt. So gestaltete er etwa die Schweizer Botschaft in Paris und das Musée Baur in Genf. Für zwei Jahre war er auch Leiter der Kunsthalle Basel. Sein Haus in der Holbeinstrasse 69 in Basel wurde zum Zentrum eines internationalen Kreises von Schauspielern, Musikern und Künstlern. In den 1930er Jahren fungierte Bernoulli teilweise als Depot und Drehscheibe für Kunstwerke von Emigranten, sogenanntes »Fluchtgut«. So konnte er in dieser Zeit und auch während des Krieges zahlreichen Emigranten auf der Flucht und beim Aufbau einer neuen Existenz helfen. Der Vermittlung Bernoullis verdankt das Basler Kunstmuseum so bekannte Bilder wie Forêt vierge au soleil couchant von Henri Rousseau.

Durch seine Berliner Zeit kannte Bernoulli zahlreiche Sammler und Händler, mit denen er dann auch nach seiner Niederlassung als Kunsthändler in Kontakt blieb. Im Archiv von Christoph Bernoulli ist auch der Brief von Alex Vömel überliefert, der über den Zusammenbruch Flechtheims anlässlich der Auktion im März 1933 berichtet:

»Ich arbeite aber 14 Stunden. Wir treffen grosse Änderungen; wenn sie vorbei sein werden und in einigen Tagen die Düsseldorfer Galerie A.F. Galerie Alex Vömel heissen wird, dann will ich ein paar Tage nach Drove fahren und mich des Frühlings freuen und dann will ich von da meinen guten Ford wieder mit nach hier bringen. Ein grosser Hausputz wird in Deutschland gehalten; dem kann keiner entgehen. Jeden trifft es; uns hat es hart getroffen, als die Nationalsozialistische Abordnung uns verbot, die Auktion, welche famos eingesetzt hatte, weiter zu führen. Doch nun bin ich froh und habe wieder Mut und glaube, dass es so kommen musste. – […] Leid tun mir die Juden, die sich als Menschen zweiter Klasse fühlen müssen – A.F. ist regelmässig zusammengebrochen (zum Glück war er am Auktionstag nicht in Düsseldorf). «

Es ist eines der wichtigen Zeugnisse zum Schicksal Flechtheims und zeigt die enge und vertraute Beziehung zwischen Alfred Flechtheim, Alexander Vömel und Christoph Bernoulli.

 

 

Hugo Borst (1881-1967)

Hugo Borst (1881-1967) war kaufmännischer Direktor der Robert Bosch GmbH. Er sammelte seit dem Ersten Weltkrieg moderne Kunst mit dem Schwerpunkt der süddeutschen, schweizerischen und französischen Moderne. Zugleich pflegte er den engen Kontakt zu Stuttgarter Künstlern. Es war ihm dabei ein besonderes Anliegen, noch unbekannte Künstler zu entdecken und zu fördern.

1931 machte er seine Sammlung in seinem Privathaus „Haus Sonnenhalde“ in Stuttgart öffentlich zugänglich. Ziel seiner Sammlung war es, ausschließlich Werke von lebenden Künstlern zu erwerben, die neue, eigene Ausdrucksformen gefunden hatten. Ein deutlicher Schwerpunkt lag dabei bei Stuttgarter Künstlern wie z.B. Adolf Hölzel, Reinhold Nägele, Oskar Schlemmer und Willi Baumeister. Darüber hinaus erwarb er Werke des deutschen Expressionismus, aber auch von Schweizer Künstlern wie Ferdinand Hodler, Paul Klee und Cuno Amiet. Als dritten Schwerpunkt wählte er die französische moderne Malerei. Während der NS-Zeit stellte Hugo Borst seine Sammlung weiterhin öffentlich aus und blieb unbehelligt. Er erwarb in dieser Zeit aber auch einzelne Kunstwerke aus dem Handel.

Alfred Flechtheim besuchte Hugo Borst 1929 zusammen mit Willi Baumeister und bot ihm Werke dieses Künstlers an.

Die Staatsgalerie Stuttgart erwarb nach dem Tod des Sammlers 1968 einen Großteil seiner Sammlung, die aus mehreren hundert Gemälden, Grafiken und Plastiken bestand. Darunter befinden sich mehrere Werke mit der Provenienz Flechtheim.

 

 

Karl Buchholz (1901-1992)

Die internationale Karriere des Buch- und Kunsthändlers Karl Buchholz nahm in Berlin ihren Anfang. 1925 eröffnete er gemeinsam mit seiner Ehefrau die erste Buchhandlung, deren Standort in Berlin mehrmals wechselte. Erst 1934 integrierte Karl Buchholz, nachdem er Flechtheims engsten Berliner Mitarbeiter Curt Valentin als Galerieleiter eingestellt hatte, auch Gemälde, Skulpturen und Graphik zeitgenössischer Künstler. Es brauchte viel Mut, 1934 auf den Expressionismus zu setzen. Buchholz war in dieser Beziehung ein Idealist. Curt Valentin führte auf diese Weise das Galerieprogramm der 1933 aufgegebenen Galerie Flechtheim weiter. Valentin, der nach den»Rassegesetzen« der Nationalsozialisten als »Volljude« galt, blieb bis zu seinem Ausschluss aus der Reichskammer der bildenden Künste 1936 bei Buchholz tätig und emigrierte 1937 nach New York. Dort gründete er die Buchholz Gallery Curt Valentin, die erfolgreich »entartete Kunst« nach Amerika vermittelte.
Karl Buchholz war später einer der vier Kunsthändler, die im Auftrag der Regierung die «entartete Kunst» verkauften. Er hatte sich stets für die verfemten Künstler eingesetzt und beteiligte sich am Verkauf dieser staatlich beschlagnahmten Kunst, der dem NS-Machtregime zur Devisenbeschaffung  diente. Da die Verhältnisse in Deutschland immer bedrückender wurden, plante er jedoch 1940 seine Niederlassung im Ausland. Auf einer Reise nach Bukarest erwärmte er sich für Rumänien und gründete dort Ende des Jahres eine Buchhandlung. 1942 erreichte ihn ein Ausstellungsverbot und er streckte weitere Fühler aus. 1943 eröffnete er eine Buchhandlung in Lissabon, später in Madrid. Erst nach dem Krieg – 1951 - emigrierte er nach Kolumbien und gründete auch dort wieder eine Buchhandlung und Galerie.
Mit dem 1933 emigrierten Flechtheim stand Buchholz kaum in Kontakt. Die Verbindung bestand jedoch über Curt Valentin, der das Galerieprogramm Flechtheims in Teilen bei Buchholz weiterführen konnte.

 

 

Paul Cassirer (1871-1926)

Paul Cassirer war eine der führenden Persönlichkeiten im Berliner Kunstbetrieb des frühen 20. Jahrhunderts. Der Kunsthändler und Verleger setzte sich für französische und deutsche Impressionisten und für junge Expressionisten ein. Viele namhafte Sammler und Museen gehörten zu seinen Kunden und die Veranstaltungen in seinem Kunstsalon boten Autoren, Künstlern, Kunsthistorikern und Ästheten ein unvergleichliches Podium. Trotz unterschiedlicher künstlerischer Präferenzen förderte Cassirer Alfred Flechtheims Ambitionen als Kunsthändler insbesondere am Beginn seiner Karriere und war derjenige, der ihn zum Wechsel seiner Profession bewegte.

Als vierter Sohn eines Unternehmers in Görlitz geboren, ließ sich Paul Cassirer 1893 zum Studium in München nieder, betätigte sich aber vor allem als Autor und arbeitete am Simplicissimus und an den Blättern für die Kuns“ mit. 1898 gründete er in Berlin mit seinem Cousin und Schwager Bruno Cassirer (1872 – 1941) die Firma ‚Bruno und Paul Cassirer. Kunst- und Verlagsanstalt’, die jedoch nur bis 1901 bestand. Danach führte Paul Cassirer die Kunstanstalt unter eigenem Namen. Hier zeigte und vermittelte er dank seiner guten Verbindungen Meisterwerke des französischen Impressionismus und deutscher Künstler wie Max Liebermann, Max Slevogt, Lovis Corinth und Wilhelm Trübner und viele andere. Mit der 1909 gegründeten Pan-Presse schuf er viel beachtetes Forum für den künstlerischen Buchdruck. 1910 heiratete Paul Cassirer in zweiter Ehe die Schauspielerin Tilla Durieux, die zahlreichen von ihm vertretenen Künstlern Modell saß. Die nicht spannungsfreie Verbindung führte 1926, als Durieux die Scheidung eingeleitet hatte, zur Selbsttötung Cassirers. In der Grabrede hob Max Liebermann Cassirers Energie und Leistungsfähigkeit hervor, und Karl Scheffler bezeichnete ihn in seinem Nachruf als „praktischer Prophet der neuen Kunst“. Alfred Flechtheim ehrte ihn mit der Edition einer Lithographie seines Porträts von Max Oppermann.

Flechtheim hatte vor allem zu Beginn seiner Tätigkeit als Kunsthändler von der Verbindung zu Cassirer profitiert, wie die häufige Nennung in den frühen Ausstellungskatalogen belegt. Dass Cassirer 1917 die Versteigerung der Düsseldorfer Flechtheim-Bestände übernahm, war sicher ein Freundschaftsdienst, hatte aber auch einen bitteren Beigeschmack. Da sich beide anderen künstlerischen Zielen widmeten, gab es nach Flechtheims Neubeginn 1919 wenig Berührungspunkte. Nach Cassirers Tod beriet Flechtheim jedoch Tilla Durieux in Belangen der verbliebenen Kunstsammlung. Zusammen mit den beiden Teilhabern und Geschäftsnachfolgern Cassirers, Grete Ring (1887 – 1952) und Walter Feilchenfeldt (1894 – 1953), stellte Flechtheim Ende 1932 Anfang 1933 die dreiteilige Ausstellung Lebendige Deutsche Kunst zusammen – es war seine letzte Aktivität in Deutschland vor der Emigration.

 

 

Günther Franke (1900-1976)

Günther Franke zählte neben Otto Stangl zu den wichtigen Kunsthändlern und Sammlern der Nachkriegszeit in München. Sein Programmschwerpunkt lag auf der modernen bzw. zeitgenössischen deutschen Kunst, darunter seine beiden „Hausgötter“ Max Beckmann und Ernst Wilhelm Nay.

Der in Berlin aufgewachsene Franke hatte 1918 auf dem Kurfürstendamm im „Graphischen Kabinett“ von Israel Ber Neumann als Volontär begonnen und übernahm wenig später dessen Münchener Filiale gegenüber der Neuen Pinakothek als Geschäftsführer. Von 1926 bis 1932 vertrat Franke dort Beckmann, der große Ambitionen hegte und zeitweise in Paris lebte und arbeitete. Hier kam Alfred Flechtheim ins Spiel, sehr zum Leidwesen Neumanns und Frankes. Wegen seiner guten Kontakte zu Daniel-Henry Kahnweiler in Paris wurde er von Beckmann als dritter Kunsthändler engagiert. Die Beziehung war stets von Spannungen gekennzeichnet, so schrieb Beckmann 1930 an Franke: "Flechtheim war ja bei Ihnen. - Nanu? Nach soviel Drama - Haben Sie Versöhnung gefeiert? Und als Siegesbeute das Beckmann-Fell unter sich verteilt? Hui, Hui…“

Kurz nach der Weltwirtschaftskrise brach das Gespann 1931 wieder auseinander. Flechtheim versuchte im Mai dieses Jahres vergeblich seine Beckmann-Bestände an Günther Franke zu verkaufen. 1932 gelang es Flechtheim, die bei ihm verbliebenen Werke an Neumann zu verkaufen, der sie schließlich an Franke übergab, mit dem er vertraglich verbunden war.

Seit 1937 selbständig, handelte Franke während der Zeit des Nationalsozialismus vordergründig mit Romantikern, unter der Hand aber mit „entarteten“ Künstlern. Eine Briefpublikation von 1970 zeigt ihn als lebensnotwendigen Gesprächspartner für diese Künstler. Seine Zeit in der Villa Stuck 1946-1965 stellt eine sehr wichtige Phase in der Geschichte seiner Galerie dar, da er aus seinen Beständen die verfemte Kunst dem deutschen Publikum wieder zeigen konnte. Seine beachtliche Privatsammlung wurde 1960 im Lenbachhaus in München präsentiert. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verdanken seiner Stiftung von 1974 einen der größten Bestände an Werken Beckmanns.

 

 

Douglas Cooper (1911-1984)

Douglas Cooper war ein britischer Kunsthistoriker und -kritiker, der in den 1930er Jahren zu einem bedeutenden Sammler wurde. Seine Leidenschaft galt praktisch ausschliesslich dem Kubismus. Er war befreundet mit Künstlern, Händlern und Sammlern und selber ein grosser Picasso-Kenner. Ein beachtlicher Teil seiner Sammlung bestand aus Werken der ehemaligen Sammlungen von Gottlieb F. Reber, John Quinn, Pierre Faure und Jacques Zoubaloff.

Douglas Cooper wurde in eine wohlhabende englische Familie hineingeboren. Er studierte in London, Cambridge, Paris und Freiburg im Breisgau. Während des Zweiten Weltkrieges diente er in einer französischen Ambulanz-Einheit, später übernahm er auch nachrichtendienstliche Aufgaben. Gegen Ende des Krieges war er Teil der britischen Kunst- und Restitutionskommission der Alliierten, da er als Kunsthistoriker die notwendigen Voraussetzungen für das Auffinden, Identifizieren und Beurteilen der Kunst mitbrachte. Die Schweizer Raubkunstrestitutionen in der unmittelbaren Nachkriegszeit gehen allesamt auf seine Recherchen zurück. Nach dem Krieg kehrte er nach London zurück, liess sich jedoch 1949 in Südfrankreich auf dem Château de la Castille nieder, wo er bis 1977 lebte. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in Monte Carlo.

Cooper hatte 1932 beschlossen, einen Teil seiner Erbschaft in eine Kunstsammlung mit den vier Hauptkubisten zu investieren: Picasso, Braque, Gris und Léger. Er hatte früh eine klare Vorstellung, wie seine Sammlung, die 1945 bereits mehrheitlich in groben Zügen zusammengestellt war, auszusehen hatte. Cooper war nicht nur Kritiker und Sammler, sondern auch Händler. Gemeinsam mit Fred Hoyland Mayor und J.F. Duthie führte er erfolgreich die 1925 gegründete Mayor Gallery.

Alfred Flechtheim lernte Douglas Cooper sehr wahrscheinlich in London bei Mayor kennen. Dort waren sie in den Jahren 1934 und 1935 Geschäftspartner, denn auch Flechtheim arbeitete in diesen Jahren für Mayor. Der noch junge Douglas Cooper wurde in diesen wenigen Jahren mit Sicherheit von Flechtheim geprägt. Ebenso erwarb er das eine oder andere Kunstwerk über Flechtheim. Die beiden standen bis zu Flechtheims Tod in Kontakt, jedoch hatte sich Flechtheim ab 1935 auf die Agnew Gallery konzentriert und Kontakte zur Lefèvre Gallery sowie zur Leicester Galleries geknüpft. Eine durch John Richardson überlieferte Fotografie zeigt die beiden – sehr wahrscheinlich zum letzten Mal gemeinsam – zum Jahreswechsel 1936/37 in Paris.

 

 

Hans Goltz (1873-1927)

Hans Goltz stammte aus dem ostpreußischen Elbing und ließ sich 1904 in München nieder. Dort führte er ab 1911 eine Buch- und Kunsthandlung in der Brienner Straße, zu deren wichtigen Präsentationen die zweite Ausstellung des  ‚Blauen Reiters’  vom 12. Februar bis 18. März 1912 zählt. Für diese Ausstellung hatte Hans Goltz seine Geschäftsräume zur Verfügung gestellt und zeigte mehr als 300 Arbeiten auf Papier.

Mit über 160 Ausstellungen in der ‚Galerie Neue Kunst – Hans Goltz’ versuchte Goltz in Folge, das Münchner Publikum mit der zeitgenössischen Kunst bekannt zu machen und präsentierte Gemälde, Grafiken, Skulpturen und Kunsthandwerk des Fauvismus , Kubismus und Expressionismus. Goltz war einer der Kunsthändler Paul Klees und vertrat dessen Werke.

Wie später Alfred Flechtheim wurde Goltz schon 1923 für seinen Einsatz für die Moderne im Völkischen Beobachter aufs schärfste angegriffen. Die von ihm vertretene Kunstrichtung des Expressionismus galt als „Kunstpest“ und die Kunsthandlung Goltz als ein „Abzess“. Für Hans Goltz waren diese Angriffe gegen die von ihm vertretenen Künstler und seine Kunsthandlung schwer zu ertragen. 1927 suchte er Erholung in Baden Baden, wo er am 21. Oktober 1927 völlig unerwartet verstarb. Seine Tochter Charlotte Goltz konnte den Handel nach 1933 nicht  fortsetzen, da mit der Machtübergabe der Handel für diese Art von Kunst stark eingeschränkt war. Der Niedergang der Galerie Goltz ähnelt dem der Galerien Flechtheim ganz frappierend.

Bis Januar 2013 existierte in München in der Maxvorstadt die Kunstbuchhandlung Goltz, die im Besitz seiner Nachfahren war.

 

 

Josef Haubrich (1889-1961)

Josef Haubrich,der in Köln geboren war,  studierte in München, Berlin und Bonn und eröffnete im Anschluss daran in seiner Heimatstatt eine Anwaltskanzlei. Durch seinen kunstinteressierten Vater erhielt er einen ersten Einblick in die Kunstwelt. Die ‚Sonderbundausstellung’ 1912 und die ‚Werkbundausstellung’ 1914 in Köln sowie die Begegnung mit dem Berliner Galeristen Herwarth Walden und dessen Ausstellung zum Gedächtnis an Franz Marc (1916) weckten sein Interesse für den Expressionismus. Der Aufbau seiner Kunstsammlung begann mit dem Erwerb einer Skulptur von Wilhelm Lehmbruck. Fortan sammelte er moderne Gemälde, Grafiken und Skulpturen und hielt persönlichen Kontakt zu Erich Heckel, Emil Nolde, Otto Dix und anderen Künstlern. Er betätigte sich im Vorstande des Kölnischen Kunstvereins und verfasste unter  dem Pseudonym Dr. Ludwig Josef Kunstrezensionen in der ‚Rheinischen Zeitung’..

Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten waren Josef Haubrich und seine Frau Alice, die jüdischer Herkunft war, Repressionen ausgesetzt. Haubrich wurde aus dem Vorstand des Kölnischen Kunstvereins ausgeschlossen, musste sich von seinem Anwaltsozius trennen und die Kanzlei in seinem Privathaus weiterführen. Seine Ehefrau Alice beging 1944 Selbstmord.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges stiftete Josef Haubrich seine Sammlung der Stadt Köln und sorgte dafür, dass die Bestände in den Folgejahren mit Hilfe einer Stiftung weiter wuchsen. Damit war die Stadt Köln im Jahr 1946 im Besitz einer der wichtigen Sammlungen der klassischen Moderne, die in ihrer Bedeutung weit über die Stadtgrenzen hinauswies. Haubrich hatte die Werke von Barlach, Beckmann, Chagall, Corinth, Dix, Ernst, Grosz, Kirchner, Kokoschka, Liebermann, Modersohn-Becker und Nolde im Wesentlichen in den drei Jahrzehnten vor 1946 erworben. Viele Werke stammten von durch  Nationalsozialisten verfolgten und verfemten Künstler. Heute gehört die Sammlung zu den Kernstücken des im Jahr 1976 entstandenen Museum Ludwig.

Mit Alfred Flechtheim stand Josef Haubrich in langjähriger und vertrauensvoller Beziehung. Die von Flechtheim mitorganisierte Sonderbundausstellung 1912 in Köln war für den jungen Gerichtsreferendar „eine folgenschwere Offenbarung“ und Beginn seiner Sammelleidenschaft. Bis 1934 erwarb Haubrich  insgesamt neun Werke entweder direkt bei Flechtheim oder durch seine Vermittlung. Außerdem beriet er den Kunsthändler bis Anfang der dreissiger Jahre auch in juristischen Fragen. Das 1934 von Haubrich bei Alex Vömel in Düsseldorf erworbene Gemälde „Tilla Durieux“ von Oskar Kokoschka wurde 2013 auf Empfehlung der ‚Beratenden Kommission’ an die Erben nach Alfred Flechtheim restituiert.

 

 

Eduard von der Heydt (1882-1964)

Die Bekanntschaft zwischen Eduard von der Heydt und Alfred Flechtheim geht auf Eduards Vater zurück. Beide waren im Vorstand  des „Sonderbund“ aktiv und August von der Heydt tätigte einige Kunstkäufe bei Flechtheim. Eduard, am 26.9.1882 als zweiter Sohn des Elberfelder Bankiers August von der Heydt geboren, hatte nach dem Abitur Rechts- und Staatswissenschaften studiert und war nach der Promotion 1905 in die väterliche Bank eingetreten, begann aber nach dem Vorbild des Vaters früh mit dem Aufbau einer eigenen Kunstsammlung. Eduard pflegte und intensivierte die Verbindung zu Flechtheim und wurde für ihn im Laufe der Jahre mehr als ein bloßer Kunde. Immer wieder trat er als Leihgeber für Flechtheims Galerie-Ausstellungen in Erscheinung, wurde bei Finanznöten zum Kreditgeber und vermittelte Kontakte zu Museumsleuten und anderen Sammlern. Ebenso war er auf unterschiedliche Weise immer wieder im „Querschnitt“ präsent. Unter den Erwerbungen, die er bei Flechtheim tätigte, waren Werke von Munch, Gris und Picasso.

Eduard verstand es, geschäftliches Denken mit dem Lebensstil eines Bohemiens zu verbinden, Eigenschaften, die den umtriebigen Flechtheim sicher anzogen. Seine Sammlung enthielt zum größten Teil außereuropäische Kunst, da sein Ziel die Schöpfung einer  „Weltkunst-Sammlung“ war. Zu diesem Zweck erwarb er regelmäßig gezielt Meisterwerke der afrikanischen, indischen und chinesischen Kunst, gleichzeitig aber auch Ethnographika in größeren Konvoluten, so 1926 bei dem Hamburger Händler Umlauff rund 1000 Südsee-Objekte, die er kurz darauf, im Mai 1926, bei Flechtheim in Berlin ausstellen ließ. Da sie dort als „Sammlung Flechtheim“ ausgewiesen waren, wurden sie lange als Bestand von dessen Kunstbesitz angesehen. Erst in jüngster Zeit wurden die wahren Besitzverhältnisse aufgeklärt.

Natürlich gehörte von der Heydt zu den Gratulanten der großen Geburtstagsfeier Flechtheims 1928 in Berlin. Umgekehrt war Flechtheim mehrfach Gast in den verschiedenen Wohnsitzen von der Heydts, sei es nach 1925 in seinem Haus in Zandvoort an der Nordsee oder nach 1926 auf dem Monte Verità bei Ascona (Schweiz). Nach Flechtheims Emigration trafen sich beide im Oktober 1933 in Paris, wovon Thea Sternheim berichtet.

Eduard von der Heydt starb nach langer Krankheit am 3. April 1964 in Ascona.

 

 

Daniel-Henry Kahnweiler (1884-1979)

Der aus Mannheim stammende deutsch-französische Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler  gilt als Wegbereiter des Kubismus. Zu den von ihm vertretenen Künstlern gehörten neben Pablo Picasso  auch Georges Braque, Fernand Léger und Juan Gris. Bereits 1907 eröffnete Kahnweiler eine Galerie in Paris, deren Bestand bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges während seiner Abwesenheit als deutsches Feindgut konfisziert wurde. Kahnweiler kehrte erst 1920 wieder nach Paris zurück und eröffnete noch im gleichen Jahr mit André Simon die Galerie Simon. 1937 erhielt Kahnweiler schließlich die französische Staatsbürgerschaft, doch waren er und sein Unternehmen aufgrund seiner jüdischen Herkunft seit der Besetzung Frankreichs 1940 erneut gefährdet. Kahnweiler floh aus Paris, allerdings gelang es ihm mit einem fingierten Verkauf der Galerie an seine Schwägerin Louise Leiris, sein Eigentum vor einer Beschlagnahme zu bewahren. Nach seiner Rückkehr 1944 übernahm Kahnweiler wieder die Geschäfte und führte die noch heute existierende Galerie bis kurz vor seinem Tod weiter.

Alfred Flechtheim und Daniel-Henry Kahnweiler lernten sich bereits 1910 kennen, gingen jedoch erst etwa zehn Jahre später geschäftliche Verbindungen ein: Flechtheim erhielt fortan Kommissionsware von der Galerie Simon, um den deutschen Markt mit Kunstwerken der französischen Avantgarde zu bedienen. Die Verkaufsgewinne wurden geteilt, die Preis- und Marktpolitik von Kahnweiler festgesetzt. Als sein ehemals beschlagnahmtes Kunstgut 1921 und 1923 im Pariser Hôtel Drouot versteigert wurde, gehörte neben Daniel-Henry und gustav Kahweiler und zwei von ihren Verwandten auch Flechtheim und andere Personen dem für den Rückkauf der Werke gegründeten Syndikat „Grassat“ an. Auch nach Schließung seiner Galerien 1933 arbeitete Flechtheim mit Kahnweiler zusammen, der ihn bei seinen Etablierungsversuchen auf dem Londoner Kunstmarkt unterstützen sollte. Im Archiv der Galerie Leiris befindet sich umfangreiche Korrespondenz von Flechtheim und Kahnweiler, die bedauerlicherweise der Forschung nicht zur Verfügung gestellt wird.

 

 

Gustav Kahnweiler (1895-1989)

Angeregt durch seinen älteren Bruder, den Pariser Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler, entschied sich auch Gustav Kahnweiler  für eine berufliche Laufbahn im Kunsthandel. Als Alfred Flechtheim 1920 plante, eine weitere Galerie in Berlin zu eröffnen, empfahl Daniel-Henry Kahnweiler seinen Bruder Gustav als Geschäftspartner der Alfred Flechtheim GmbH. Schon bald übernahm dieser die Geschäfte der Filiale in Frankfurt am Main, die er von 1922 bis 1925 auf Grundlage bisher unbekannter Vereinbarungen leiten sollte. Anschließend wurde die Frankfurter Kunsthandlung allein von Kahnweiler geführt, aber die geschäftlichen Kontakte zu Flechtheim blieben bis mindestens 1933 bestehen.

1933 musste Gustav Kahnweiler aufgrund seiner jüdischen Herkunft zunächst nach Paris emigrieren und siedelte im Winter 1935/36 schließlich nach England über, wo er sich in Cambridge niederließ. Erkenntnisse über seine kunsthändlerischen Aktivitäten zu jener Zeit gibt es nicht. Allerdings war Kahnweiler als Leihgeber von  Werken aus seiner eigenen Sammlung an verschiedenen Ausstellungen der Londoner Mayor Gallery beteiligt, für die Flechtheim bis 1936 arbeitete. Nachdem Kahnweiler 1940 vorübergehend als feindlicher Ausländer interniert worden war, meldete er sich als Freiwilliger beim britischen Auxiliary Military Corps. Nach dem Krieg erhielt Kahnweiler die englische Staatsbürgerschaft und engagierte sich sowohl als Kunsthändler wie auch als Kunstsammler für die von ihm geschätzten Künstler Pablo Picasso, George Braque, Juan Gris, Paul Klee oder auch Henri Moore. Seine umfangreiche Sammlung vermachte des Ehepaar Gustav und Elly Kahnweiler der Tate Gallery in London.

 

 

Hans Leonhard Koch (1881-1952)

Hans Koch, geb. 1881 in St. Avold, Lothringen, studierte nach dem Abitur (1899) Medizin in Straßburg und Berlin. Er approbierte und promovierte 1904 in Straßburg. Nach einem Jahr Assistenz in Weimar (1908) wurde Koch 1909 als Schiffarzt tätig und arbeitet e danach bis 1911 im Berliner Jüdischen Krankenhaus. 1912 siedelte er nach Düsseldorf über und wurde im Jahr darauf Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Urologie. Ab 1914 diente er im Ersten Weltkrieg als Oberarzt, stationiert in Straßburg. 1915 heiratete er Martha Lindner in Köln. 1916 wurde er Stabsarzt in Düsseldorf. Sein Sohn Martin kam 1917, seine Tochter Hana 1920 zur Welt. Zur Scheidung von Martha kam es 1922. 1923 heiratete Koch Maria Lindner, die Schwester seiner geschiedenen Frau, die im selben Jahr Otto Dix ehelichte. 1923 erwarb Koch Schloss Randegg im Hegau, wo die Familie Dix von 1933 bis 1936 lebte und wohin 1938 auch die Familie Koch umsiedelte. Koch übernahm eine Fachpraxis für Haut- und Harnkrankheiten im nahegelegenen Singen. Dort starb er 1952.

Früh befasste sich Koch mit Literatur und Kunst. In Straßburg hatte er Kontakt mit dem literarischen Kreis „Das junge Elsaß“ und. mit René Schickele. 1905 erschien Kochs erster Gedichtband „Dieweil es Leben gilt!“. Weitere Gedichtbände folgten. Beiträge von ihm erschienen u.a. in der Zeitschrift „Die Aktion“. In Straßburg lernte Koch Hans Arp kennen und erwarb von ihm, sein erstes Gemälde, mit dem er seine umfangreiche, in den 1950er Jahren aufgelöste Kunstsammlung begründete. „Französische Kunst hatte mein Mann von Flechtheim gekauft“ erinnert sich Kochs erste Ehefrau, Martha. „Es war ein Braque da, ein Vlaminck, ein Ingres, eine Marie Laurencin. Leider konnten wir kein Aquarell von Cézanne kaufen, das war zu teuer.“ Koch war wohl Zeuge der ersten Ausstellung Flechtheims in Düsseldorf 1913. „Wir fanden unser Leben ziemlich langweilig. Als nun noch Flechtheim 1917 seinen Kunstsalon schloss, wußten wir gar nicht mehr, wo wir hingehen sollten“, meinte Martha. Um diese Lücke zu schließen, eröffneten Kochs Mitte 1918 das „Graphische Kabinett von Bergh & Co.“. In schnellem Wechsel zeigten sie Ausstellungen mit Werken von Conrad Felixmüller, Otto Gleichmann, August Macke, Otto Pankok, Edwin Scharff, Paul Adolf Seehaus, Franz Wilhelm Seiwert und anderen Künstlern. Wurden im ersten Jahr hauptsächlich Werke junger deutscher Künstler gezeigt, folgten später zunehmend Arbeiten etablierter Künstler, bedingt  durch die neue Konkurrenz von Johanna Ey und dem wiedereröffneten Geschäft Flechtheims. Im Juni 1920 gaben Kochs ihren Laden an Israel Ber Neumann ab.

 

 

Karl Koetschau (1868 -1949)

Karl Koetschau wuchs in Thüringen auf und studierte in Bonn Kunstgeschichte und Archäologie. Nach seiner Promotion 1893 wurde er 1897 Direktor der herzoglichen Kunst- und Altertumssammlung in Coburg. 1902 übernahm er die Leitung des Historischen Museums in Dresden, später die des Großherzoglichen Museums und des Goethe-Nationalmuseums in Weimar. Schließlich berief ihn Wilhelm von Bode zum stellvertretenden Direktor der Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin. Als Gründungsdirektor des Kunstmuseums Düsseldorf war er von 1913 bis 1933 maßgeblich für den Aufbau der Sammlungen verantwortlich. Von Anfang an verband Koetschau mit Alfred Flechtheim eine enge Geschäftsbeziehung, geprägt von gegenseitiger Wertschätzung und dem Interesse an der französischen Malerei. „Der für mich wichtigste Mann“, notierte Flechtheim 1913 in seinem Tagebuch. „Sehr modern. […] begeistert von Cézanne. Skeptisch aber interessiert von Picasso.“ Und in einem weiteren Eintrag: „Da Koetschau bis zu van Gogh mitgeht, […] selbst Vlaminck […] gut fand, wird hier der Geschmack sich schnell ändern.“ Doch Koetschau konnte die deutschlandweit umstrittene französische Avantgardekunst in Düsseldorf nicht durchsetzen und konzentrierte sich weitgehend auf die deutschen Positionen in Flechtheims Repertoire.

Insgesamt gelangten über seine Galerie nach bisherigen Erkenntnissen 57 Gemälde und Skulpturen in die Sammlung, davon existieren heute im Museum Kunstpalast noch 26 Werke. Hinzu kommen zahlreiche Arbeiten auf Papier.

1932 vermittelte Koetschau Flechtheim, dessen Finanznöte bedrohlich geworden waren, einen städtischen Kredit, den Alex Vömel 1933 auslöste.

Koetschau zählt zu den einflussreichsten Museumsreformern Anfang des 20. Jahrhunderts. Er war Gründungsmitglied des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft und initiierte sowohl die bedeutende Fachzeitschrift „Museumskunde“ als auch die Gründung des Deutschen Museumsbundes.1933 übernahm Koetschau die Leitung der Berliner Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrich-Museums. Er schied dort 1936 auf eigenen Wunsch aus dem Amt. Karl Koetschau starb 1949 in Düsseldorf.

 

 

Hermann Lange (1884-1942)

„Lange ist wohl der größte Sammler im Rheinland und besitzt auch schon eine Reihe Bilder von Ihnen. Er ist, dummerweise von Flechtheim beeinflusst, großer Käufer französischer Kunst geworden …“ schrieb der Kunsthändler Ferdinand Möller 1929 an Ernst Ludwig Kirchner. Zu diesem Zeitpunkt umfasste die Sammlung rund 300 Gemälde und Skulpturen mit Werken, deren Schöpfer – u.a. Picasso, Braque, Gris, Léger, Beckmann, Chagall, Hofer, Klee, Kokoschka, Barlach, Belling, Maillol, Manolo, Sintenis – bei Flechtheim vertreten waren. Lange trat auch regelmäßig als Leihgeber für Ausstellungen der Galerie in Erscheinung und gehörte zu den Gästen von Flechtheims Geburtstagfeier 1928.

Lange war ein erfolgreicher Krefelder Unternehmer. Geboren 1884, übernahm er nach seiner Ausbildung 1919 den väterlichen Betrieb und baute ihn durch Fusionen zur Verseidag (Vereinigte Seidenwebereien A.G.) aus, die er bis zu seinem Tod im Dezember 1942 zusammen mit Dr. Josef Esters leitete. Trotz zahlreicher beruflicher und politischer Aktivitäten legte er sich eine Kunstsammlung zu und betätigte sich als Mäzen. Er förderte Museen, rief 1920 in Krefeld den „Verein Neue Kunst“ ins Leben und war im Vorstand des Berliner „Vereins der Freunde der Nationalgalerie“. 1932 richtete er die „Fachhochschule für textile Flächenkunst“ in Krefeld ein und stellte als Leiter den Bauhauskünstler Johannes Itten ein, der dort bis 1938 unterrichten konnte. Von Mies van der Rohe ließ er 1927 – 1930 eine Doppelvilla für sich und seinen Kompagnon errichten, die durch die gelungene Verbindung zwischen Wohnvilla und Sammlungspräsentation richtungweisend für weitere Sammlervillen wurde.

Ab 1933 lebte Hermann Lange in Berlin und widmete sich wirtschaftpolitischen Aufgaben. Seine Sammlung blieb unbehelligt, obwohl sie sichtbar im Gegensatz zu den kunstpolitischen Zielen des Regimes stand. Er starb dort im Dezember 1942. Sein Krefelder Wohnhaus ging später in den Besitz der Stadt Krefeld über und dient als Museum für zeitgenössische Kunst.

 

 

Pierre Loeb (1897-1964)

Pierre Loeb war ein französischer Kunsthändler und Galerist, der 1924 in Paris eine eigene Galerie gründete, die Galerie Pierre. Seine bedeutendste Ausstellung La peinture surréaliste veranstaltete er ein Jahr später. Sein Galerieprogramm umfasste Werke von Künstlern wie Pablo Picasso, Hans Arp, Paul Klee, Joan Mirò, Max Ernst, Alexander Calder, Alberto Giacometti, Balthus und Henri Michaux. Sein wichtigster Künstler jedoch war Mirò. Nicht weniger als elf Ausstellungen hat er ihm zwischen 1925 und 1939 gewidmet. Von 1941 bis 1945 lebte Pierre Loeb in Kuba. In der Nachkriegszeit war er bis zu seinem Tod wieder als Galerist in Paris tätig.

Pierre Loeb, der einen Zwillingsbruder Edouard hatte, war in Paris auf die Welt gekommen; die Eltern stammten ursprünglich aus dem Elsass. Beide Söhne wurden nach dem Ersten Weltkrieg zu Handelsreisenden. Wenig später fand Pierre den Weg zum Kunsthändler. Er konzentrierte sich dabei unter anderem auf die Kubisten und stellte seit 1929 Picasso aus, später ebenso Braque. Auch Matisse wurde einer seiner wichtigeren Künstler. Zwei bedeutende Picasso-Ausstellungen - Papiers collés 1912-1914 sowie Picasso. Début du cubisme - wurden 1935 und 1937 veranstaltet. Loeb fühlte sich auch Künstlern wie den Dichtern Henri Michaux und Antonin Artaud sehr verbunden, da er die Poesie für eine ganz besondere Kunstform hielt. In seiner Sammlung vereinten sich nicht nur Kunstwerke der gehandelten Künstler, sondern auch aussereuropäische - vorwiegend afrikanische und ozeanische - Kunst, ganz dem Zeitgeist und dem Beispiel verschiedener Pariser Künstler und Händlern der Moderne entsprechend, die ebenfalls die »primitive« Kunst sammelten.

Sehr wahrscheinlich war es die Freundschaft mit Picasso und Zervos, die Loeb mit Flechtheim zusammenbrachte. Beide organisierten gemeinsame Ausstellungen, so zum Beispiel in der Galerie Georges Bernheim 1929 die Exposition internationale de la sculpture. Flechtheim war es immer ein Anliegen, seine deutschen Künstler in Frankreich vermittelt zu wissen, insbesondere nach der Weltwirtschaftskrise. In Loeb fand er einen passenden Partner, um mit seinem Galerieprogramm und den von ihm protegierten Künstlern auch angesichts der schwierigen wirtschaftlichen Lage Profit zu machen.

 

 

Fred Hoyland Mayor (1903-1973)

Als Fred Hoyland Mayor 1925 erste Galerie in der Cork Street in London eröffnete, widmete er bereits seine erste Schau mit Auguste Herbin und Raoul Dufy der modernen Kunst aus Frankreich. Seine Leidenschaft für die französische Avantgarde, die bis dahin in England nahezu unbekannt war, prägte auch weiterhin das Programm. Allerdings fanden die Werke von Juan Gris, George Braque oder Pablo Picasso keine Käufer, so dass der Kunsthändler wenige Monate später den Galeriebetrieb wieder einstellen musste. Fred Mayor arbeitete als Sekretär,London Artists’ Association’ und leitete seit 1928 die ‚Paul Guillaume Gallery’, die der Pariser Galerist mit dem Kunsthändler Brandon Davis soeben in London gegründet hatte. Seine anschließende Tätigkeit für den britischen Künstler Curtis Moffat beendete Mayor 1933.

In diesem Jahr eröffnete er mit dem Kunsthistoriker und Sammler Douglas Cooper erneut die Mayor Gallery. Gemeinsam zeigten sie viel beachtete, wenngleich nicht lukrative Ausstellungen der Kubisten, Surrealisten und Dadaisten sowie der zeitgenössischen britischen Kunst. Cooper trennte sich um 1936/1937 von Fred Mayor, der sein Geschäft bei Kriegsausbruch schloss. Seit 1946 führte der Galerist das Unternehmen an wechselnden Standorten fort, bis er sich schließlich wieder in der Cork Street niederließ. Hier befindet sich auch heute noch der Sitz der Mayor Gallery, die nach Mayors Tod 1973 sein Sohn James übernommen hat.

Nach Schließung seiner Berliner Galerien einigte sich Alfred Flechtheim im November 1933 mit Fred Mayor und dem Pariser Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler auf eine Zusammenarbeit, die ihm einen beruflichen Neubeginn in England ermöglichen sollte. Für die Mayor Gallery organisierte Flechtheim fortan Ausstellungen, die die Kunst des Kubismus, aber auch deutsche Künstler wie Paul Klee oder George Grosz erstmals auf britischem Boden präsentierten. So gelang es Flechtheim, der von Dezember 1933 bis 1936 regelmäßig Kunstwerke bei Mayor einlieferte, seine Kunstbestände und Kommissionsware aus Deutschland zu Ausstellungszwecken nach London zu verbringen, ohne mit den Vorschriften der Ausfuhr-Behörden in Konflikt zu geraten. Flechtheims offizieller Vertrag mit der Mayor Gallery lief Ende 1935 aus, er setzte seine Kooperation mit Fred Mayor jedoch fort. Ungeklärt sind bis heute ihre geschäftlichen Vereinbarungen, da Flechtheims Geschäftsunterlagen in der Mayor Gallery der von der Deutschen Luftwaffe geflogene "London Blitz" im September 1940 vernichtete. Gleiches gilt für die Bibliothek von Alfred Flechtheim, die er seinem einstigen Partner Fred Mayor hinterlassen hatte. 

 

 

Paul von Mendelssohn-Bartholdy (1875-1935) und Elsa von Mendelsohn-Bartholdy (1899-1986)

Paul von Mendelssohn-Bartholdy stieg bereits im Alter von 27 Jahren in die Leitung des seit Generationen im Familienbesitz befindlichen Bankhauses Mendelssohn & Co. Berlin auf. Mit dreißig Jahren versteuerte er bereits ein Einkommen von etwas über einer halben Million Reichsmark. Sein Vermögen wurde auf 3,4 Millionen Reichsmark geschätzt. Über sein berufliches Engagement im familieneigenen Bankhaus hinaus übernahm er weitere Aufgaben in Firmenvorständen, Verwaltungsräten und Aufsichtsräten. Neben seiner beruflichen Tätigkeit entwickelte Paul von Mendelssohn-Bartholdy ein ausgeprägtes Interesse für die schönen Künste. Er gehörte dem „Verein der Freunde der Königlichen Bibliothek“, der „Vereinigung der Freunde antiker Kunst“ sowie dem „Verein der Freunde der Nationalgalerie“ an und unterstützte die Häuser, die ihn interessierten, mit aufsehenerregenden Schenkungen. Sein repräsentationsfreudiger, aufwändiger Lebensstil kennzeichnete ihn als Freund der Architektur und der schönen Künste. Mit seiner ersten Frau Charlotte (geb. Reichenheim, 1877-1947) baute er eine umfangreiche, ambitionierte Sammlung von Bildern auf und ließ das Gut Börnicke, den Familiensitz, durch einen renommierten Architekten, den Baumeister Bruno Paul, ausbauen. Nach der Scheidung heiratete er 1927 in zweiter Ehe Elsa Lucy Emmy Lolo von Lavergne-Péguilhen (1899 - 1986), die ebenfalls Kunstwerke sammelte. Die Gemälde von Henri Rousseau, Max Liebermann, Vincent van Gogh, Georges Braque, Marie Laurencin, Claude Monet, Edgar Degas und Pablo Picasso in der Sammlung von Paul und Elsa von Mendelssohn-Bartholdy waren von höchster Qualität. Das Ehepaar pflegte Kontakte zu Kunsthändlern wie Heinrich und Justin Thannhauser, Alfred Flechtheim und Paul Cassirer in Berlin, D.H. Kahnweiler, Wilhelm Uhde und Paul Rosenberg in Paris, der Galerie Heinemann in München und Christoph Bernoulli, Wilhelm Barth, Lucas Lichtenhain und Walter Feilchenfeldt in der Schweiz.

Paul von Mendelssohn-Bartholdy kannte Alfred Flechtheim, der auch zu anderen Mitgliedern der Familie Mendelssohn und  zu Charlotte Reichenheim Verbindung hatte. Teile der Kunstsammlung von Paul und Elsa von Mendelssohn-Bartholdy konnte Flechtheim in der eigenen Galerie ausstellen (1924 und 1927 Picasso, 1926 Henri Rousseau, 1929 André Derain, 1930 Juan Gris und Marie Laurencin) oder als Leihgaben an Museen vermitteln. Für einige Werke besaß er auch das Verfügungs- und Verkaufsrecht.

Im Mai 1935 verstarb Paul von Mendelssohn-Bartholdy an einem Herzleiden und hinterließ seine Kunstsammlung seiner Ehefrau Elsa zur freien Verfügung.

 

 

J. B. (Israel Ber) Neumann (1887-1961)

Jsrael Ber Neumann stammt aus Galizien und eröffnete 1910 in Berlin seine erste Buch- und Kunsthandlung, in der er Werke von Künstlern wie Edvard Munch zeigte. 1918 zeigte Neumann die erste DaDa-Ausstellung in Deutschland und bis 1922 eröffnete er Galerien bzw. kooperierte mit anderen Galerien in Bremen, Düsseldorf und München. 1923 emigrierte Neumann nach New York und eröffnete im Jahr darauf den  J.B. Neumann's Print Room, der später in New Art Circle Gallery umbenannt wurde und zu einer der wichtigen Adressen für Künstler und Kunstliebhaber wurde. Der Kunsthändler förderte Künstler wie Wassily Kandinsky, Max Beckmann, Paul Klee, und Georges Rouault. Er war aber nicht nur Kunsthändler, sondern auch Kunstkritiker, Autor und Verleger, u.a. für die Galeriepublikation „Artlover“.

Neumann, der sich in Amerika J. B. Neumann nannte, engagierte sich seit 1912 für den Künstler Max Beckmann und war seit Mai 1926 dessen wichtigster Partner und „Urmanager“. Als Neumann nach Amerika ging, war Beckmann dort gänzlich unbekannt. Beckmann bezeichnete sich selbst als „tödliche Waffe“, die Neumann in der Hand habe, um einen strategischen Angriff auf die Metropole Paris zu starten, „[…] deren Positionen ihm durch Namen wie Rosenberg, Flechtheim, Picasso, Braque grenzenlos leicht und billig besetzt schienen.“ 1927 wurde Alfred Flechtheim in den Vertrag zwischen Beckmann und Neumann aufgenommen, während gleichzeitig Günther Franke (München) mit Neumann einen Vertrag hatte.  Am 26. Juli schrieb Beckmann an Neumann: „Ich verlange von Ihnen…sich der neuen Situation anzupassen, und dass Sie sich bereit erklären, vom 1. Oktober dieses Jahres die Sache mit Flechtheim gemeinsam zu machen.“

Die genannten Händler veranstalteten Beckmanns Einzelausstellungen, sorgten für Ausstellungsbeteiligungen, vermittelten Museumsankäufe und Verkäufe an einflussreiche Privatsammler. Doch bereits im Februar 1930 kriselte es unter ihnen: Die vertragliche Beziehung zwischen Flechtheim und Beckmann wurde im Frühjahr 1931 beendet und inklusive Kontentrennung vollzogen. Im März 1932 verkaufte Flechtheim bei ihm verbliebene Beckmann Werke an J.B. Neumann, da er „jetzt das Kapitel Beckmann […] abgeschlossen“ und […] finanzielles Interesse für diesen Künstler nicht mehr habe.“ Von Neumann übernahm Günther Franke, mit dem dieser seit März 1931 vertraglich verbunden war, das heute in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen befindliche Konvolut.

1962 ging der Nachlass von J.B. Neumann durch seine Witwe Elsa Schmidt Neumann, die Mosaike fertigte, an das Museum of Modern Art Archive.

 

 

Hugo Perls (1886-1977)

Hugo Perls wuchs in Rybnik/Oberschlesien auf und studierte in Freiburg und Bonn Jura, Philosophie und Kunstgeschichte. Über seine Familie kam er früh mit Kunst in Berührung. Mit seinem Cousin, dem Kunstsammler und Kunsthistoriker Curt Glaser, unternahm er 1910 eine Reise nach Paris und kaufte dort für Familienmitglieder Kunstwerke. Im selbem Jahr ließ er sich von Mies van der Rohe in Berlin-Zehlendorf ein Haus errichten. 1913 besuchte Hugo Perls Edvard Munch und ließ sich mit seiner Frau Käthe porträtieren. Auch erwarb er Gemälde und über 300 graphische Werke des Künstlers, die er wenig später aufgrund finanzieller Probleme veräußern musste. Von 1919 bis Anfang der 1930er Jahre betrieb er eine Kunstgalerie in Berlin. Hier zeigte er vor allem aus eigenem Besitz Werke französischer Impressionisten, Nazarener und Romantiker, aber auch Alter Meister. Zumindest einmal, 1927, stellte er Alfred Flechtheim für eine Ausstellung eine Zeichnung von Cézanne zur Verfügung und besuchte die von diesem organisierten Salons. 1931 wanderte Hugo Perls nach Paris aus, wo er an der Sorbonne Philosophie lehrte. Mit dem Einfall der Nationalsozialisten in Frankreich war er aufgrund seines jüdischen Glaubens gezwungen, nach New York auszuwandern. Sein Kunstbesitz wurde im Oktober 1941 in Paris beschlagnahmt. Im Exil betätigte er sich als Schriftsteller und führte mit seinem Sohn die „Perls Galleries“. Nach seinem Tod 1977 in New York wurde sein Kunstbesitz versteigert.

 

 

Gottlieb Friedrich Reber (1880-1959)

Gottlieb Friedrich Reber [hier rechts im Bild] gehört zum Kreis der rheinischer Sammler, die schon vor der Eröffnung seiner Galerie mit Flechtheim Kontakt gehabt haben. Der Pastorensohn war in Wuppertal als Textilkaufmann zu Wohlstand gekommen und hatte um 1905/06 zu sammeln begonnen. Flechtheims Bekanntschaft machte er vermutlich beim „Sonderbund“, an deren Ausstellungen sich beide sowohl organisatorisch wie auch mit Leihgaben beteiligten. Gelegentlich trafen sie sich auch in Paris, um Maler, Händler und Sammler aufzusuchen. 1919 waren Reber und Flechtheim neben Karl Ernst Osthaus aus Hagen und Edwin Suermondt aus Aachen Mitglieder im Beratenden Ausschuss der neu gegründeten Vereinigung „Das junge Rheinland“.

In Paris kaufte Reber vor allem bei Ambroise Vollard. 1912/13 besaß er 50 bis 60 Werke, unter anderem von Courbet, van Gogh, Manet, Renoir, vor allem aber von Cézanne, der zuletzt mit 25 Gemälden in seiner Sammlung vertreten war. In den zwanziger Jahren verlagerte sich sein Interesse auf den Kubismus. Bei Flechtheim, Paul Cassirer, Heinrich Thannhauser und Hugo Perls erwarb er Arbeiten von Picasso, Braque, Gris und Léger. Beraten von dem ihm eng verbundenen Kunsthistoriker Carl Einstein ergänzte Reber seine Sammlung mit antiken, mittelalterlichen und altorientalischen Werken, um damit die wechselseitige Belebung von alter und neuer Kunst zu demonstrieren.

Reber lebte bis 1918 in Wuppertal und zog später in die Schweiz, hielt aber weiterhin Kontakt zu seinen Händlern, etwa zu Flechtheim, mit dem er sich Ende der zwanziger Jahre in Berlin traf. 1932 geriet er in finanzielle Schwierigkeiten und bot Teile seiner Sammlung zum Verkauf an. Zu den wenigen Sammlungsstücken, die in deutsche Museen gelangten, gehört sein Porträt von Max Beckmann, heute im Museum Ludwig Köln.

 

 

Paul Rosenberg (1881-1959)

Der Kunsthändler und Sammler Paul Rosenberg  begann seine berufliche Laufbahn im Antiquitätengeschäft seines Vaters in Paris gemeinsam mit seinem älteren Bruder Léonce. 1910 trennte er sich von ihm und gründete ein Jahr später in der Rue de La Boétie seine eigene Galerie. Rosenbergs Einsatz galt Künstlern wie Georges Braque, Fernand Léger, Henri Matisse oder Marie Laurencin, vor allem aber Pablo Picasso, den er zusammen mit dem Kunsthändler Georges Wildenstein von 1918 bis 1932 vertrat.

Als die deutschen Truppen im Juni 1940 in Frankreich einmarschierten, emigrierte Rosenberg, der jüdischer Herkunft war, über Spanien nach New York. Die umfangreichen Kunstbestände, die er in Frankreich zurücklassen musste, wurden von der deutschen Botschaft und dem Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg (ERR) beschlagnahmt. In seinen geplünderten Galerieräume ließ sich das zu antisemitischen Propagandazwecken gegründete „Institut d’études des questions juives“ nieder. Paul Rosenberg eröffnete 1941 in New York erneut eine Galerie, die später von seinem Sohn Alexandre Rosenberg übernommen und bis zu dessen Tod 1987 weitergeführt wurde.

Alfred Flechtheim war zunächst ein großer Bewunderer von Paul Rosenberg, den er bereits in den 1920er Jahren immer wieder als Leihgeber für Ausstellungen seiner Galerien gewinnen konnte. Eine für 1934 geplante gemeinsame Schau französischer Kunst des 19. Jahrhunderts in New York scheiterte jedoch aus bislang unbekannten Gründen. Nach seinem erfolglosen Versuch, sich auf dem amerikanischen Kunstmarkt zu etablieren, war Flechtheims Verhältnis zu Paul Rosenberg äußerst gespannt. Dennoch stellte der Pariser Galerist wichtige Werke für die von Flechtheim zusammen gestellte Exhibition of Masters of French 19th Century Painting zur Verfügung, die 1936 in Zusammenarbeit mit der ‚Anglo-French Art and Travel Society’ in den New Burlington Galleries in London gezeigt wurde. Mit 35.000 Besuchern und einer begeisterten Presse erlebte 7Flechtheim hier seinen größten Ausstellungserfolg in England.

 

 

Oskar Reinhart (1885-1965)

Der Winterthurer Oskar Reinhart, einer der bedeutendsten Schweizer Kunstliebhaber, sammelte sehr akribisch, zielstrebig und mit visionärem Weitblick. In einer wohlhabenden, kunstsinnigen und mäzenatisch tätigen Kaufmannsfamilie aufgewachsen, zog er sich mit 39 Jahren aus dem Berufsleben zurück und widmete sich nur noch dem Aufbau seiner Sammlung. Der Vater Theodor Reinhart förderte Künstler wie Karl Hofer und Hermann Haller. Auch Oskars Brüder Georg, Werner und Hans waren den schönen Künsten verfallen, der Kunst, der Musik und der Dichtung.

Die Leidenschaft Oskar Reinharts für die Kunst hatte sich also seit seinen Jugendjahren entwickelt. Als knapp 30jähriger begann er dann in Paris zu sammeln. Er studierte später die Druckgrafiken im British Museum in London, und nach der Lektüre der Bücher des damals dominierenden Kunsthistorikers Julius Meier-Graefe sah er bereits früh seine Sammlung vor sich: Werke der alten Meister bis zu den Impressionisten und deren direkten Vorfahren.

Die insbesondere im Laufe der 1920er Jahre entstandene Sammlung schenkte Oskar Reinhart der Öffentlichkeit. Der Teil an deutscher und Schweizer Malerei wurde noch zu seinen Lebzeiten 1951 im Alten Gymnasium der Stadt Winterthur eingerichtet, der andere Teil, die Alten Meister und die Franzosen des 19. Jahrhunderts, verblieb hingegen in seiner Villa am Römerholz, die in das Eigentum der Schweizerischen Eidgenossenschaft überging und 1970 in seiner zu einem Museum umgebauten Villa zugänglich gemacht wurde.

Als vermögender Sammler, der von Angeboten und Anfragen nur so überhäuft wurde, kam er auch in Kontakt mit Alfred Flechtheim. Dieser verkaufte ihm bereits 1925 zwei grosse Skulpturen, Fohlen darstellend, der damals auf ihrem Zenit stehenden deutschen Bildhauerin Renée Sintenis. 1929 erwarb Reinhart bei Flechtheim einen Derain, welcher heute allerdings nicht mehr Teil der Sammlung ist. Im Frühling 1931 beauftragte Oskar Reinhart Alfred Flechtheim aus der Hamburger Sammlung von Esther Behrens das Gemälde La Grenoullière von Renoir zu erwerben. Im selben Jahr erstand Reinhart über die Vermittlung Flechtheims mehrere Maillol-Skulpturen aus der Sammlung des finanziell angeschlagenen Harry Graf Kessler; es folgte ein weiterer Maillol 1932 sowie ein weiterer 1933.

 

 

 

Rudolf Rütgers (1903-1939)

Rudolf Rütgers war der Bruder von Theodor Werners Ehefrau Woty (Anneliese Rütgers), er lebte in Berlin und war Vizekonsul von Costa Rica.

Rütgers ist zu den vergessenen Berliner Sammlern der Avantgarde zu zählen, dessen Existenz vornehmlich durch Provenienzverweise beispielsweise bei Werken von Georges Braque oder Juan Gris belegt ist.  Erwähnung findet er außerdem in der erhaltenen Geschäftskorrespondenz von Alfred Flechtheim, der Werke von Gris und Braque aus Rütgers Sammlung zu Ausstellungszwecken als Leihgaben an Museen (Kunsthaus Zürich, Kunsthalle Basel) vermittelte. So verschickte  er beispielsweise im März 1933 über die Galerie Flechtheim Berlin ein Werk von Gris „Compotier et carafe“ als Leihgabe für eine Gris-Ausstellung an das Kunsthaus Zürich. Schließlich war Rütgers 1928  Leihgeber für Werke von Hofer und Pechstein an die Berliner Nationalgalerie.

 

 

Alfred Schulte (1892-1972)

Der Wirtschaftsprüfer Alfred Schulte war Mitglied in der „Reichskammer der Wirtschaftstreuhänder“ und der „Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt“, aber nicht der NSDAP. Bekannt ist seine Tätigkeit für die Firma von Ludwig Katzenellenbogen (1877-1944), der einer der Ehemänner von Tilla Durieux (1880-1971) war. Schulte wurde Flechtheim  offenbar im Herbst 1933 durch Thea Sternheim empfohlen, für die und deren Exmann Löwenstein er ebenfalls arbeitete. Nachkriegsaussagen zufolge  verkehrte der Wirtschaftsprüfer „freundschaftlich“ im Hause Flechtheims und es gelang es ihm offenbar, die Gläubiger (u.a. Paul Klee) zu einem Verzicht von etwa 120.000 RM zu bewegen. Durch Schultes Einsatz konnte der Konkurs der Flechtheim GmbH vermieden werden, der Flechtheim die Verfügungsmöglichkeit über seine gesamten Bestände – geschäftlich und privat - genommen hätte. Im Oktober und November 1933 teilte Schulte den Gläubigern offiziell mit, dass die Galerie Alfred Flechtheim GmbH ihren Betrieb eingestellt habe, nachdem es ihm gelungen war, die Schuldenlast weitgehend auszugleichen. Das von ihm eingeleitete Liquidierungsverfahren der Flechtheim GmbH wurde 1936/37 von Rosi Hulisch, der Nichte Bertha Flechtheims, zu Ende geführt.

 

 

Thea Sternheim, verh. Löwenstein, geb. Bauer (1883-1971)

Zu den Personen, die mit Alfred Flechtheim lebenslangen Kontakt hatten, gehört Thea Sternheim. Die Tochter eines Fabrikanten jüdischer Herkunft erbte 1906 ein sehr großes Vermögen und lebte seitdem finanziell unabhängig. Von 1903 bis 1971 führte sie kontinuierlich Tagebücher, heute eine unverzichtbare historische Quelle, nicht zuletzt für die Biografie von Alfred Flechtheim. Thea Sternheim lernte Flechtheim 1906 in Düsseldorf kennen und schrieb damals in ihr Tagebuch: „Ein prachtvoller Mensch. Künstler. Jude. Temperamentvoll.“ Seine Entwicklung vom Getreidekaufmann zum Kunsthändler kommentierte sie ebenso kontinuierlich wie seine späteren geschäftlichen Aktivitäten. In ihren Tagebucheinträgen dieser Jahre spiegeln sich die dramatischen Entwicklungen der Galerie und der persönlichen Lebensverhältnisse von Alfred und Bertha Flechtheim. Thea Sternheim empfahl den Wirtschaftsprüfer Alfred Schulte an Alfred Flechtheim. Die Kontakte  rissen auch nach 1933 nicht ab. Thea Sternheim verfolgte das Schicksal beider Eheleute bis zum tragischen Selbstmord von Bertha Flechtheim 1941 und kommentierte die Ereignisse mit spürbarer Betroffenheit.

Thea Sternheim war auch Kunstsammlerin und ihre Sammlung entstand im Laufe ihrer zweiten Ehe mit dem Dramatiker Carl Sternheim, den sie 1907 nach der Scheidung von Arthur Löwenstein geheiratet hatte. Ihr Vermögen erlaubte dem Ehepaar ein Leben an wechselnden Wohnorten in Deutschland, Belgien und der Schweiz sowie ausgedehnte Reisen. Beide hegten ein besonderes Interesse für van Gogh und besaßen 1919 dreizehn Gemälde von ihm, dazu noch Werke von Gauguin, Renoir, Matisse, Denis und anderen französischen Meistern, die gelegentlich als Leihgaben, etwa zur Sonderbund-Ausstellung 1912, zur Verfügung gestellt wurden. Später erhielt Alfred Flechtheim leihweise Werke für seine Ausstellungen. Von Ankäufen war jedoch nicht die Rede, vielmehr ließ Thea Sternheim 1929 einen van Gogh über Flechtheim an die Berliner Nationalgalerie verkaufen, der dort 1937 als entartet beschlagnahmt wurde und bis heute verschollen ist.

Thea Sternheim verließ Deutschland 1932 und zog nach Frankreich. Ihr Vermögen wurde unter den Nationalsozialisten eingefroren. 1944 verlor sie die deutsche Staatsangehörigkeit. Ihre Tochter Mopsa war im Konzentrationslager Ravensbrück inhaftiert Thea Sternheim  kehrte nach dem Krieg nicht nach Deutschland zurück und starb 1971 in der Schweiz.

 

 

Edwin Suermondt (1883-1923)

Edwin Suermondt gehört zu dem Kreis bedeutender rheinischer Sammler, die ihre Ideen zur zeitgenössischen Kunst mit Alfred Flechtheim teilten, regelmäßige Kunden bei ihm waren und häufig als Leihgeber für seine Ausstellungen in Erscheinung traten. Er wuchs in einer Familie auf, in der Kunstsammeln und Mäzenatentum zur Tradition gehörten. Sein früher Tod setzte seinen Bemühungen jedoch ein Ende und hatte die allmähliche Auflösung der Sammlung zur Folge.

Edwin Suermondt schlug die familiär vorgegebene Ausbildung zum Kaufmann aus und studierte nach dem Abitur Jura und Kunstgeschichte. 1902 - 1903 verbrachte er zwei Semester an der Universität Heidelberg, wo er die Bekanntschaft von Wilhelm Uhde machte, mit dem ihn seitdem eine enge Freundschaft verband. Vielleicht lernte er dort auch schon Edwin Redslob kennen, der von 1909 – 1911 am Aachener Kunstmuseum arbeitete und mit der künstlerischen Avantgarde vertraut war. Während Uhde ihm die ersten Ankäufe für die eigene Sammlung vermittelte, darunter Werke von Henri Rousseau, Pablo Picasso und Georges Braque, machte er durch Redslob die Bekanntschaft des Malers Heinrich Nauen. Schon bei der ersten Begegnung erwarb er einige Aquarelle des Meisters. 1912 erteilte er ihm den Auftrag, sechs großformatige Gemälde für einen als Musikzimmer vorgesehenen Saal in der Burg Drove b. Düren zu schaffen. Die Burg war über Suermondts Mutter Anna, geb. Englerth, 1898 in Familienbesitz gekommen und wurde von Edwin Suermondt, der inzwischen mit Martha, geb. Compes verheiratet war, bewohnt. 1913 war der Zyklus fertig gestellt, wurde 1914 bei Alfred Flechtheim ausgestellt und erregte vor allem wegen der außergewöhnlichen Themenwahl Aufsehen. In seiner 1922 veröffentlichen Nauen Monographie erklärte Suermondt den Sinn des heute zum Bestand des Kaiser-Wilhelm-Museums in Krefeld gehörenden Werkes mit einem pantheistischen, heute gilt jedoch die Welt der Frau als zentrales Thema.

Das Engagement Suermondts für die Kunst seiner Zeit schlug sich auch in anderen Veröffentlichungen nieder. Außerdem engagierte er sich im Arbeitsausschuss des 1919 gegründeten Verbands „Junges Rheinland“, wo er auf zahlreiche andere rheinische Sammler traf. Gerade vierzigjährig verstarb Edwin Suermondt 1923 an einem Lungenleiden und wurde von seiner Frau und den beiden Kindern Egbert und Mechthild beerbt. Teile der Sammlung firmierten später, nachdem Martha 1927 Flechtheims Geschäftsführer Alex Vömel geheiratet hatte, unter dem Namen „Sammlung Suermondt-Vömel“ und gelangten unter diesem Namen in den Handel.

 

 

Heinrich Thannhauser (1859-1935) und Justin K. Thannhauser (1892-1976)

Heinrich Thannhauser kam bereits als Kind nach München und begann seine Laufbahn dort, zunächst als Kaufmann. 1904 eröffnete er zusammen mit Franz Josef Brakldie ‚Moderne Galerie’ und wurde Kunsthändler. 1909 trennte er sich von seinem Kompagnonund führte die Galerie in der Theatinerstraße selbstständig unter demNamen ‚Galerie Thannhauser’ weiter. Mit ihrem Oberlichtsaal und den hohen Räumen hatte diese nach zeitgenössischem Urteil die „schönsten Ausstellungsräume in ganz München“. Sein Neffe Siegfried Rosengart, der während seines Studiums in Paris 1913/14 Picasso kennenlernte, gewann Heinrich Thannhauser dafür, Picassos Gemälde „Les Saltimbanques“ von 1905 (heute Nat. Gallery of Art, Washington D. C.) zu ersteigern. 1919 trat Siegfried Rosengart in die Galerie seines Onkels ein und eröffnete für ihn 1920 in Luzern eine Filiale, die er bis 1937 leitete.

Thannhauser organisierte und betreute eine Reihe bahnbrechender Ausstellungen moderner und avantgardistischer Kunst, darunter 1911 die erste Retrospektive Picassos und die erste Blaue-Reiter-Ausstellung 1911/12.

Als sich in den späten zwanziger Jahren die Situation in München aufgrund des zunehmend konservativen Kunstgeschmacks und des wachsenden Antisemitismus verschlechterte, schloss Heinrichs Sohn Justin K. Thannhauser  die Münchner Galerie und verlagerte den Hauptsitz nach Berlin.

Mit der Machtübergabe an die Nationalsozialisten mussten Heinrich und Justin K. Thannhauser emigrieren. Heinrich Thannhauser erlitt beim Grenzübertritt in die Schweiz einen tödlichen Schlaganfall. Seinem Sohn gelang die Emigration nach Paris und später nach New York, wo er den Kunsthandel weiterführte. Heute lebt der Name der Familie im Thannhauser-Flügel des Solomon R. Guggenheim Museums in New York fort, dem Justin K. Thannhauser seine Sammlung vermacht hat. Im Zentralarchiv des Deutschen Kunsthandels in Köln befinden sich wesentliche Teile der Geschäftsunterlagen der ‚Galerie Thannhauser’  in Form von Lagerbüchern und Karteikarten und sind dort einsehbar. Alfred Flechtheim und Heinrich Thannhauser waren miteinander bekannt. 1911 lieh Flechtheim Thannhauser  Werke von Picasso für dessen Ausstellung. Für Alfred Flechtheim bedeutete der Wechsel der Galerie Thannhauser nach Berlin im Jahr 1927 eine ernsthafte Konkurrenz, da er weder über ein vergleichbares Kundenportfolio mit Kontakten zur internationalen Hochfinanz noch über ähnlich ausgezeichnete Beziehungen zu den internationalen Museen verfügte. 1934 wollte Flechtheim ein Werk von Picasso nach Buenos Aires zu der dort von Thannhauser organisierten Picasso- Ausstellung schicken, was dieser aber ablehnte.

 

 

Curt Valentin (1902-1954)

Curt Valentin wurde 1902 in Hamburg geboren, wo er zunächst in der Commeter’schen Buchhandlung eine Lehre zum Buchhändler absolvierte und später für die Bücherstube Hans Götz tätig war. Im Anschluss soll er für Daniel-Henry Kahnweiler gearbeitet haben. Spätestens seit Frühjahr 1927 war er Assistent von Alfred Flechtheim. Quappi Beckmann berichtete von seinen herausragenden Qualitäten als Kunsthändler: „Ich erinnere mich, wie Flechtheim zu Max sagte, daß Curt die meisten Verkäufe zuwege brächte, weil er ein besonderes Verkaufstalent besäße - was Flechtheim von sich selber nicht behauptete -, und daß Curt für die Galerie Flechtheim unentbehrlich sei.“ Als dortiger Assistent erlebte Valentin sämtliche Höhen und Tiefen der Kunsthandlung aus nächster Nähe. In einem Schreiben an Oskar Schlemmer schilderte er 1930  die Misere des Kunstmarktes im Allgemeinen und die Finanzprobleme seines Arbeitgebers, welche sie zwinge, entweder keine Ausstellungen mehr zu machen, oder von den Künstlern zu verlangen, dass sie  Fracht und Versicherung, Einladungskarten inklusive  Versand sowie die Kataloge mit  Druck und Klischees selbst finanzierten. Nach Flechtheims Emigration wickelte Valentin dann noch einige Zeit die Geschäfte der Galerie ab und sorgte 1933 beispielsweise  zusammen mit Rosi Hulisch für die Versendung von Kommissionsware von Paul Klee zurück in die Schweiz und nach Frankreich. Vom Sommer 1934 an baute er für Karl Buchholz die Galerie Buchholz in Berlin auf. Im Januar 1937 emigrierte der nach den Rassegesetzen der Nationalsozialisten als „Volljude“ geltende Valentin nach New York, wo er gemeinsam mit Karl Buchholz die Buchholz Gallery Curt Valentin gründete. Nach zwei schwierigen Jahren in der 46th Street zog die Kunsthandlung in die 51st Street. Ab Anfang 1939 erhielt Valentin über seinen Geschäftspartner Buchholz Kunstwerke, die zuvor in deutschen Museen als „entartet“ beschlagnahmt worden waren. Es war ein von den Nationalsozialisten gewiss nicht beabsichtigter Nebeneffekt, dass die Verfemung dieser Werke und ihrer Erschaffer den Durchbruch der Moderne auf den amerikanischen Kontinent begründen sollte. Valentin, der als einziger in Amerika auf dieses Kontingent zugreifen konnte, kam somit die Rolle des entscheidenden Wegbereiters zu. Er gilt aus diesem Grund als einer der wichtigsten Kunsthändler des 20. Jahrhunderts. Nach der Sommerpause 1951 erfolgte die Umbenennung in Valentin Gallery. Im August 1954 verstarb Curt  Valentin in Forte dei Marmi, wo er den Bildhauer Marino Marini besucht hatte. Ein Jahr später wurde seine Galerie geschlossen.

 

 

Alex Vömel (1897-1985)

Alex Vömel war ein Kunsthändler und Geschäftsführer in Alfred Flechtheims Düsseldorfer Galerie, für deren Geschichte er von entscheidender Bedeutung war. Nachdem der gelernte Buchhändler 1922 von Flechtheim für Düsseldorf eingestellt worden war, übernahm er dort bald eine führende Rolle, während sich Flechtheim der Berliner Galerie widmete. 1926 wurde er Geschäftsführer. Trotz der Entfernung blieb er mit Flechtheim in engstem Kontakt, wie sich vor allem in Zeiten der Krise zeigte. Als die finanziellen Probleme in Folge der Weltwirtschaftskrise wuchsen, arbeiteten beide in einer gleichsam „konzertierten Aktion“ an der Rettung des Unternehmens, waren jedoch nur bedingt erfolgreich. Fraglich ist, ob es schon zu dieser Zeit Vorüberlegungen zu einer Geschäftsumwandlung gab. Durch seine 1926 geschlossene Ehe mit Martha Suermondt, der vermögenden Witwe des Sammlers und Kunsthistorikers Edwin Suermondt, war Vömel finanziell gut ausgestattet und verfügte dadurch über die notwendigen Mittel.

Im März 1933 eröffnete Alex Vömel in den von Flechtheim bis dato angemieteten Räumlichkeiten an der Königsallee eine eigene Galerie, im Mai 1933 erlosch seine Prokura für die Galerie Flechtheim. Dieser schnelle Wechsel und die Galerieneugründung haben  Vömel in jüngerer Zeit den Vorwurf eines „Ariseurs“ eingetragen, was allerdings nicht zu belegen und nach der vorliegenden Quellenlage auch unwahrscheinlich ist. Man kann den Vorgang als Übergabevereinbarung bezeichnen, da Vömel in Folge mit Flechtheim weiter Kontakt gehalten und ihn in London mit Kunst belieferte sowie Werke u.a. an befreundete Kunsthändler in der Schweiz auslieferte. Sicher ist, dass Vömel nach der Eröffnung seiner Galerie für die Deckung eines Teils der von Flechtheim hinterlassenen Schulden gesorgt hat.

Nach eigenen Angaben war Vömel zwar Mitglied der SA, da der Stahlhelm, dem er angehörte, in die SA übernommen worden war. Noch während des NS-Regimes sei sein Austritt aus der nationalsozialistischen „Sturmabteilung“ erfolgt. In die Partei selbst sei er erst im Mai 1937 eingetreten. Mit der eigenen Galerie wurde er explizit als Nachfolger und Handlanger Flechtheims angegriffen und erlebte eine Beschlagnahmung seiner Bestände im Rahmen der Aktion „Entartete Kunst“. Inwieweit Alex Vömel  aus der Übernahme der Räumlichkeiten einer namhaften Galerie in prominenter Lage Vorteile ziehen konnte, muss offen bleiben. Auch noch Jahre später wurde die Galerie als die des berühmten Kunsthändlers und Sammlers Alfred Flechtheim wahrgenommen.

Mit der Zerstörung der Galerie und der Wohnung Alex Vömels 1943 sind die Geschäftsunterlagen der Galerie Alex Vömel vernichtet worden.

 

 

Herwarth Walden (1878-1941)

Als Musiker, Komponist, Schriftsteller, Verleger und Galerist ist Herwarth Walden eine zentrale Persönlichkeit der Avantgarde. Sein Name ist untrennbar mit dem „Sturm“ verbunden; beide sind gleichsam Synonyme für den künstlerischen Expressionismus. Die Porträts zahlreicher Künstlerzeitgenossen spiegeln seine markanten Züge und seinen sensiblen, aber auch kämpferischen Charakter. Das Kunstwerk galt ihm als Teil des geistigen Seins einer Nation. Sein ab 1919 zunehmendes politisches Interesse und die Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei veranlassten ihn 1932 zur Umsiedlung nach Moskau, wo er jedoch 1941 festgenommen wurde und noch im selben Jahr in der Haft verstarb.

Mit Geburtsnamen hieß der Sohn eines Berliner Urologen Georg Lewin. Den Namen Herwarth Walden nahm er erst auf Veranlassung seiner ersten Ehefrau Else Lasker-Schüler (1869 - 1945) an, mit der er von 1901 bis 1911 verheiratet war. Nach dem Schulabschluss absolvierte Lewin/Walden zunächst eine Ausbildung als Pianist und Komponist und machte sich mit Kompositionen und Konzertauftritten einen Namen. 1904 rief er den „Verein für Kunst“ als Podium für junge Autoren ins Leben. Hier begegnete er zahlreichen namhaften Persönlichkeiten aus Literatur und Kunst, die sich später in der 1910 von ihm begründeten Zeitschrift „Der Sturm“ als Autoren wieder fanden. Auf Anregung von Paul Cassirer richtete er die Galerie gleichen Namens ein und organisierte von 1912 an zahlreiche Ausstellungen für expressionistische und futuristische Künstler, unter denen der 1913 veranstaltete „Erste Deutsche Herbstsalon“ ein besonders nachhaltiges Echo fand. Finanziell wurde er hierbei von dem Sammler Bernhard Koehler unterstützt. Nach Unterbrechung durch den Krieg wandte sich die Walden den neueren Kunstrichtungen zu und zeigte Bauhaus-Künstler sowie Werke von Dadaisten, Surrealisten und Konstruktivisten, insbesondere auch aus Osteuropa. Viele namhafte Sammler (Hess, von der Heydt, Kluxen, Lange u.v.a.m.) gehörten zu seinem festen Kundenstamm.

1912 heiratete Walden die Schwedin Nell, geb. Roslund (1887 – 1975). Beide bauten eine erlesene Kunstsammlung mit Werken von Chagall, Kandinsky, Marc, Münter, Kokoschka und vielen anderen ‚Sturm’-Künstlern auf, die bei der Scheidung 1924 an Nell überging. Sie ließ sie 1927 in ihrer Gesamtheit bei Alfred Flechtheim ausstellen und gab außerdem Einzelwerke als Leihgaben zu anderen Ausstellungen der Galerie Flechtheim. 1932 ließ sie die Sammlung in die Schweiz bringen. Dort überstand sie den Krieg unbeschadet, wurde aber in den folgenden Jahren sukzessiv aufgelöst.

 

 

Theodor und Woty Werner (1886-1969 und 1903-1971)

Der Maler Theodor Werner war ab 1930 in Paris ansässig und die Begegnung mit dem Werk von Juan Gris und Pablo Picasso beeinflusste sein Schaffen grundlegend. 1930 heiratete er die Malerin und Kunstweberin Anneliese Rütgers, genannt Woty. Anneliese Rütgers war die Tochter von Julius Rütgers (1860-1903), des Inhabers der Rütgerswerke und die Schwester von Rudolf Rütgers, der Kunde bei Flechtheim war. Zu französischen oder in Paris lebenden Künstlern besaß das Ehepaar enge freundschaftliche Beziehungen und gehörte zum Freundeskreis von Christian Zervos, Kunstkritiker und Herausgeber der „Cahiers d’’arts“. Als das Ehepaar Werner 1936 nach Potsdam zurückkehrte, hatte Theodor Werner, der konsequent abstrakt malte, keinen Markt für seine Kunst, und mit Kriegsausbruch wurde er als technischer Zeichner zwangsverpflichtet. Ein Bombenangriff um 1944 vernichtete den Großteil seines künstlerischen Werkes. Im Jahr 1950 wurde Theodor Werner Mitglied der Gruppe ZEN 49. Heute wird sein malerischer Nachlass bei den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen verwahrt.

Theodor Werner und seine Frau Woty besaßen eine umfangreiche Kunstsammlung vorwiegend französischer Kunst, die sie mehrfach verlagerten: bei Kriegsausbruch nach Tübingen, um sie in Sicherheit zu bringen und 1946 nach Berlin Charlottenburg in den Englischen Sektor. 1949 gab es Auswanderungsabsichten, die jedoch nicht realisiert wurden, 1959 siedelte das Ehepaar nach München um. Seit 1971 ist die Sammlung  durch das Vermächtnis von Theodor und Woty Werner Eigentum der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen.

 

 

Paul Westheim (1886-1963)

Der Journalist und Kunstkritiker Paul Westheim war ein vehementer, aber auch kritischer Förderer der progressiven, modernen Kunst. Als Herausgeber der Zeitschrift ‚Das Kunstblatt’ engagierte er sich für viele junge Künstler und hatte dadurch für Alfred Flechtheim, den er wohl im Kreis der Pariser Dômiers kennengelernte, eine vorbildhafte Funktion. 1917 berichtete Westheim im ‚Kunstblatt’ über die Versteigerung der Galeriebestände Flechtheims in Berlin.

Westheim war in Eschwege aufgewachsen und wählte statt des erwarteten Wegs als Kaufmann die journalistische Laufbahn. Er studierte in Darmstadt und Berlin, hörte Vorlesungen bei Heinrich Wölfflin, machte aber keinen Abschluss. Neben seiner 1917 aufgenommenen Tätigkeit als Herausgeber des „Kunstblatts“ mit vielen maßgeblichen Beiträgen zur zeitgenössischen Kunst und Kultur, veröffentlichte er Monografien über junge Künstler, aber auch Werke zur außereuropäischen Kunst.

1933 musste Westheim Deutschland verlassen, weil er jüdischer Herkunft war und ging nach Paris, wo er an verschiedenen Exil-Zeitungen mitarbeitete. 1935 wurde ihm die deutsche Staatbürgerschaft entzogen; mit der deutschen Besetzung Frankreichs wurde er von den Franzosen interniert. Nachdem ihm 1941 die Flucht gelungen war, ließ er sich in Mexiko nieder. Er starb 1963 während einer Reise nach Berlin.

Ob er Kunstwerke bei Flechtheim erwarb, ist unklar. Gesichert sind regelmäßige Besuche in dessen Galerien. Nach seinen eigenen Erinnerungen hatte er dort zumindest ein Aquarell von Paul Klee erstanden. Bei seiner Emigration blieb die Kunstsammlung bei Westheims langjähriger Vertrauten und Partnerin Charlotte Weidler in Berlin zurück und wurde von ihr nach seinem Tod – zum Teil unter Beteiligung von Alex Vömel - verkauft. .

1937 verfasste Westheim den Nachruf auf Alfred Flechtheim für das Pariser Tageblatt, worin er dessen „Passion für Künstler, für Kunstmenschen, für Bilder“ als „das Echte in ihm“ heraushob und auf den unermüdlichen Einsatz für die junge Kunst verwies, ehe er vom NS-System „geistig abgesperrt“ wurde. Den ‚Querschnitt’ in seiner Frühzeit (bevor H. Wedderkop Herausgeber wurde) bezeichnete Westheim als eine der „geistreichsten Zeitschriften, die wir je gehabt haben“.  Für wen habe Flechtheim sich nicht eingesetzt und wem habe er „ohne daran erinnern zu wollen, er selbst hat’s auch nie getan […] nicht Vorschüsse gezahlt“. Ein Kunsthandel wie derjenige Flechtheims sei „das sicherste Anzeichen“ dafür, dass „die Leute die Kunst, die gemacht wird, auch haben auch besitzen wollen.“

 

 

Christian Zervos (1889-1970)

Christian Zervos, Kunsthistoriker, Kunstsammler und Verleger in Paris, war griechischer Herkunft. Er studierte in Paris Philosophie und Kunstgeschichte und gründete mit seinem griechischen Kollegen Tériade 1926 die international bekannte Zeitschrift Cahiers d’Art. Zervos firmierte bis 1960 als Herausgeber der Cahiers d’arts, die den Untertitel revue de l’avant-garde artistique dans tous les pays trugen. Mit Flechtheims Querschnitt vergleichbar, waren die Cahiers eine Zeitschrift, die alle Kunstgattungen umfasste, sowohl die aussereuropäische wie auch die europäische Kunst, die Standards setzte und neue Strömungen aufnahm – auch im Zusammenhang mit der ethnographischen Kunst. Die Cahiers d’Art kann man heute als Enzyklopädie lesen, sie sind eine Anthologie (Jean Cassou).

Ab 1932 und bis zu seinem Tod 1970 bearbeitete Zervos den Katalog von Pablo Picassos Oeuvre. Die 33 Bände stellen – neben der Zeitschrift – sein Lebenswerk dar. Sie wurden auch in seinem Verlag Editions Cahiers d’arts publiziert. Zervos war jedoch auch Galerist. Gemeinsam mit seiner Frau Yvonne wurde ihre Galerie das Zuhause für viele Künstler und gleichzeitig Diskussionszentrum für die Avantgarde in Europa und weit darüber hinaus. Das Ehepaar Zervos engagierte sich auch für die Rettung spanischer Kunstwerke während des Bürgerkrieges 1936, und als 1940 der Krieg die Weiterführung der Galerie verhinderte, stellten sie die Räume für Presse- und Verlagsarbeiten im Untergrund zur Verfügung. 1947 organisierte Yvonne Zervos eine legendäre Ausstellung mit zahlreichen Werken von Picasso im Palais des Papes in Avignon.

Bereits ein Jahr nach der erfolgreichen Lancierung seiner Cahiers d’Art wollte Zervos auch in Berlin ein Redaktionsbüro unterhalten. Wohl deshalb trat er mit Flechtheim in Kontakt. Direktes Ergebnis dieses Treffens war ein ausführliches Interview von Zervos mit Flechtheim in den Feuilles volantes, einer Beilage seiner Cahiers 1927. In diesem Interview wurde Flechtheim folgendermaßen von Zervos charakterisiert: »Fébrile, vif, joyeux, désespéré, sensuel, calculateur, injuste, enthousiaste.« Flechtheim wurde damit direkt in das französische Kunstleben katapultiert. 1929 organisierten die beiden gemeinsam eine  Ausstellung deutscher und französischer Plastik bei Georges Bernheim in Paris.

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