Kunsthändler der Avantgarde
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Auktionen

Die zwei Jahrzehnte umfassende Geschichte der Galerie Flechtheim von 1913 bis 1933 birgt aufsehenerregende Auktionsereignisse, die zeigen, in welcher Abhängigkeit vom Zeitgeschehen und von den politischen Umständen Alfred Flechtheim und seine Freunde und Geschäftspartner zu agieren hatten: Die Schließung der Galerie Flechtheim im Ersten Weltkrieg, die Wiedereröffnung 1919 in Düsseldorf noch zu Zeiten der Wirtschaftsblockade, die 20er Jahre mit Inflation und Weltwirtschaftskrise und schließlich die Verfolgung und Verfemung durch die Nationalsozialisten. Paul Cassirer und Hugo Helbing versteigerten beispielsweise am 5. Juni 1917 am Kurfürstendamm in Berlin die Düsseldorfer Galeriebestände mit 250 Werken, nachdem Flechtheim und sein Mitarbeiter Hanns Fehr zum Kriegsdienst eingezogen worden waren und die Galerie nicht mehr weiteren konnten. Es war die erste Auktion mit zeitgenössischer Kunst in Deutschland und die einzige Präsentation französischer Moderne im Krieg. Die Auktion wurde bis nach Frankreich wahrgenommen und blieb in Berlin das einzige internationale Kunstereignis während des Krieges in Deutschland. Auch Daniel-Henry Kahnweiler und Wilhelm Uhde verloren als Deutsche in Frankreich in Folge des Krieges weite Teile ihrer Gemäldebestände, die beschlagnahmt und versteigert wurden.

Kahnweilers Kubismus-Bestände wurden in den Jahren 1921-23 über vier Auktionen im Hotel Drouot in Paris (über 800 Gemälde) im Rahmen der französischen Reparationsforderungen versteigert. Kahnweiler versuchte ohne Erfolg sich gegen die Auktionen zur Wehr zu setzten und bemühte sich, sie nicht allzu publik zu machen, um sich möglichst gute Bedingungen für einen günstigen Rückkauf zu schaffen. So bat er Flechtheim, lediglich eine kurze Notiz dazu im ‚Querschnitt’ zu veröffentlichen und auf einen ausführlichen Bericht zu verzichten. Man einigte sich als Kaufgemeinschaft (Syndikat oder auch Konsortium) von sieben Parteien aufzutreten, um einzelne Werkgruppen aus diesen Auktionen gemeinschaftlich zurückzukaufen. Unter diesen waren Flechtheim, Gustav Kahnweiler und andere. Es gelang ihnen, weitere 21 Bilder zu ersteigern (u.a. von Braque, Derain, Gris, Léger, Vlaminck, Picasso). An dem Gesamtpreis von knapp 25.000 Francs war Flechtheim mit 6.000 Francs beteiligt. Wilhelm Uhde sah sich ebenfalls mit einer Zwangsversteigerung seines Besitzes konfrontiert, denn auch seine Sammlung war zur Zeit des Ersten Weltkriegs in Paris beschlagnahmt worden. Hier bildete Flechtheim zusammen mit Daniel-Henry und Gustav Kahnweiler, mit Kahnweilers Schwager Hans Forchheimer, Kahnweilers Schwägerin Louise Leiris (geb. Godon, 1902-1988) sowie mit Hermann Rupf (1880-1962) ein Konsortium, welches gezielt Werke erwerben konnte. Man stellte auf diese Weise sicher, die Objekte zu möglichst günstigen Preisen zu erwerben und nicht durch gegenseitiges Überbieten die Zuschläge in die Höhe zu treiben.

Angesichts der seit der Weltwirtschaftskrise (1929) überaus schwierigen Verhältnisse hatte sich die finanzielle Lage in den Galerien Alfred Flechtheims erneut zugespitzt. Flechtheim hoffte, mit der Durchführung von Auktionen eine Belebung seines Geschäfts zu bewirken. Im November 1932 wurde in Kooperation mit Georg Paffrath und Hugo Helbing eine Auktion des Nachlasses des Düsseldorfer Bankiers und Kunstsammlers Moritz Leiffmann (1853-1921) abgehalten, deren Erfolg offenbar mäßig war. Kurz nach der Machtübergabe traf es Alfred Flechtheim besonders hart, als die Auktion ‚Gemälde alter und neuer Meister’ (erneut in Kooperation mit Paffrath und Helbing) am 11. März 1933 von der SA nach der Hälfte abgebrochen wurde. Alfred Flechtheim war selber nicht anwesend, doch Alex Vömel wusste  zu berichten, dass Flechtheim „regelrecht zusammengebrochen“ sei, als er vom Abbruch der Auktion erfuhr. Flechtheims Freundin Thea Sternheim, konnte diesen Eindruck bestätigen. Kurz nach diesem verstörenden Ereignis emigrierte Flechtheim über die Schweiz und Frankreich nach England.

Nach dem Tod Alfred Flechtheims im März 1937 in London gab es mindestens eine weitere Auktion mit der Bezeichnung „Nachlass Alfred Flechtheims“, die bei S.J. Mak van Waay mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Auftrag des Flechtheim Estate in Amsterdam stattfand: Am 1./2. Februar 1938 lieferte der Kunsthändler Carel van Lier 28 Werke von George Grosz zur Versteigerung ein, die Alfred Flechtheim zur Schuldentilgung aus dem Vertrag zwischen dem Händler und dem Künstler in sein Eigentum übernommen hatte.

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