Kunsthändler der Avantgarde
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Nach dem Zweiten Weltkrieg: Vergessen und Wiederentdeckung

Alfred Flechtheims Wirken wurde nach seinem Tod, in der Zeit des Zweiten Weltkrieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit kaum gewürdigt. Dies ist der in vielerlei Hinsicht vernichtenden nationalsozialistische Kulturpolitik geschuldet. Sie löschte ihn für rund 50 Jahre aus dem kulturellen Gedächtnis der Kulturschaffenden und deren Rezipienten aus. Im Jahrbuch der Bücherfreunde erschien 1967, 30 Jahre nach dem Tod Flechtheims, ein ausführlicher und umfassender Artikel von Alex Vömel, dem ehemaligen Geschäftspartner Flechtheims in Düsseldorf. Dieser richtete sich aber an einen beschränkten Kreis von Spezialisten. In der öffentlichen Wahrnehmung spielte diese Publikation wohl keine grosse Rolle. 50 Jahre nach dem Tod von Alfred Flechtheim wurde ihm zuerst in Düsseldorf und dann in Münster eine grosse Ausstellung gewidmet, begleitet von einem Katalog, der heute noch ein umfassendes Nachschlagewerk ist, mit profunden Reflexionen, unzähligen Zitaten sowie Abbildungen von Kunstwerken, die durch seine Hände gegangen sind. Diese Schau und der Katalog aus dem Jahr 1987 war Teil eines grösseren Projektes mit dem Titel "1937. Europa vor dem 2. Weltkrieg".

Erneut vergingen Jahrzehnte bis zu einer neuen Thematisierung Flechtheims, diesmal vor dem Hintergrund der Wiedergutmachung und Restitutionsfrage und der Rekonstruktion der vergessenen Schicksale der Sammler und Händler jüdischer Herkunft. So erschien 2008 eine Doppelbiografie Flechtheims und eines seiner wichtigsten Künstler, George Grosz, geschrieben von Ralph Jentsch, dem aktuellen Nachlassverwalter von George Grosz. 2010 erschienen die gesammelten Schriften Alfred Flechtheims, herausgegeben von Rudolf Schmitt-Föller, dem langjährigen Leiter der Bibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf, die die bedeutendste Sammlung an Flechtheim Schriften und Katalogen beherbergt. 2011 schliesslich erschien die wegweisende Biografie Alfred Flechtheims von Ottfried Dascher, die sein Leben in all seinen Details rekonstruiert. Dascher unternahm den Versuch der Rekonstruktion der privaten Sammlung Flechtheims auf Basis von Bezeichnungen in den Flechtheim Katalogen und Korrespondenzen und lieferte im materialreichen Anhang die  Ausstellungskataloge gleich mit. Im Rahmen einer im selben Jahr organisierten Tagung in Wien zum Thema "Kunst sammeln - Kunst handeln" wurden von drei Provenienzforscherinnen weitere Detailforschungen zu Teilaspekten Flechtheims geleistet. Dieses "Flechtheim-Panel" zeigte die intensive Forschung seitens der Museen auf, die sich mit Beständen, die mit dem Namen Flechtheim in Verbindung zu bringen sind, auseinandersetzten. Diese museale Perspektive von den Kunstwerken ausgehend, ergänzt auf hervorragende Weise die biographischen Annäherungen an Flechtheim.

Ebenfalls 2011 fand im Institut für Zeitgeschichte in München ein Symposium zu Flechtheim statt. Flechtheims Wirken wurde dort in Kontext mit anderen Kunsthändlern, mit anderen Verfolgungsschicksalen und mit den ökonomischen Randbedingungen gesetzt. Die Ergebnisse dieser Konferenz sind im 2013 erschienenen, von der Koordinierungsstelle in Magdeburg herausgegebenen, Sammelband nachzulesen.

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