Titel: Bildnis des Malers Karl Johannes Andreas Adam Dørnberger
Datierung: 1889
Format: 134 cm x 92 cm
Gattung: Malerei
Erwerbungsjahr: 1930
Verbleib: Museum der bildenden Künste Leipzig, Leipzig
Technik: Öl auf Leinwand
Museumsdirektor bei Erwerb: Dr. Werner Teupser
Alfred Flechtheim und Edvard Munch
Der norwegische Künstler Edvard Munch ist heute bekannt für seine symbolistischen Landschaftsgemälde und seine expressiven Darstellungen von Angst und Melancholie. Nach Anfangsjahren in Kristiania (Oslo) unter dem Eindruck des Naturalismus von Christian Kroghs beeinflussten der französische Spätimpressionismus und Symbolismus den Künstler. Aufgrund familiärer Erfahrungen verarbeitete er in seiner Malerei und Grafik immer wieder die Themen Krankheit und Tod. Berühmtheit erlangte Munch durch seine erste Einzelausstellung in Berlin im Jahr 1892, die einen Skandal auslöste und zur Gründung der Berliner Sezession durch Max Liebermann und andere progressive Künstler führte. Große Anerkennung erlebte Munch spätestens seit der Sonderbund-Ausstellung 1912 in Köln, anlässlich derer er als einziger lebender Künstler neben Picasso einen Einzelraum mit 32 Arbeiten und damit seine Kanonisierung als Künstler der Moderne erhielt. Trotz der offiziellen Anerkennung ereilten Munch immer wieder Lebens- und Schaffenskrisen. 1916 zog er sich auf ein Landgut in der Nähe von Kristiania zurück, wo er mit Unterbrechungen bis zu seinem Tod 1944 lebte.
Der Versuch einer Instrumentalisierung als »nordisch-germanischer« Künstler durch Joseph Goebbels schützte Munch nicht davor als »entartet« zu gelten. 1937 wurden 82 Werke Munchs in deutschen Privatsammlungen und Museen konfisziert, allerdings waren auf der Ausstellung Entartete Kunst keine Werke von ihm vertreten.
Zwar verkaufte Munch Werke über Galeristen wie Paul Cassirer, Israel Ber Neumann, Fritz Gurlitt, Hugo Perls und auch Alfred Flechtheim, doch regelmäßige und exklusive Kontakte zu deutschen Kunsthändlern ging er nach 1907 nicht mehr ein. Flechtheim besaß Arbeiten von Munch, hatte aber keinen festen Vertrag mit ihm geschlossen. 1914 stellte er Munch zum ersten Mal zusammen mit Ernst Barlach in seiner Düsseldorfer Galerie aus. Danach war Munch regelmäßig in Gruppenausstellungen bei Flechtheim zu sehen, erhielt aber erst 1931 eine Einzelausstellung.
Beschreibung
Dørnberger hatte wie Munch in den 1880er Jahren in Paris Kunst studiert und sich dann einen Namen als Maler von Schneelandschaften gemacht. Lässige Haltung, eleganter Anzug, Zylinder, Handschuh und Gehstock weisen Dørnberger hier als großstädtischen Dandy aus. Von der Melancholie späterer Bilder Edvard Munchs ist wenig zu erkennen. Allein der leicht zweifelnde Blick verrät seine psychologisierende Sensibilität, während die Erscheinung des Malers Dørnberger insgesamt eher Frische und Lebensfreude ausdrückt. In der Entgegensetzung von offenem, bisweilen durchscheinendem und geschlossenem Farbauftrag bildet das Gemälde ein Scharnier zu Munchs spätimpressionistischen Malstil der 1890er Jahre.
Literatur
Gerd Woll: Edvard Munch, complete paintings, London: Thames & Hudson 2009, Bd. 1, Nr. 16.
Munch becoming „Munch“. Artistic strategies 1880–1892, Ausst.-Kat., Oslo, Munch-museet 2008–2009, hrsg. von Ingebjørg Ydstie und Mai Britt Guleng, Oslo 2008, Nr. 96.
Edvard Munch. Zeichen der Moderne, Ausst.-Kat. Riehen/Basel, Fondation Beyeler und Schwäbisch Hall, Kunsthalle Würth 2007, hrsg. von Dieter Buchhart, Ostfildern 2007, Nr. 9.
Edvard Munch. Portretter, Ausst.-Kat. Oslo, Munch-museet 1994, hrsg. von Arne Eggum, Oslo 1994, S. 22–23.
Edvard Munch, Ausst.-Kat., Kunstverein Leipzig 1929, bearb. von Werner Teupser, Leipzig 1929, Nr. 3.
Curt Glaser: „Edvard Munch“, in Querschnitt, Bd.6. 1926, Heft 12, S. 924–929.
Vereinzelte Korrespondenz zwischen Edvard Munch und Alfred Flechtheim (und zwischen Edvard Munch und Karl Dørnberger) einzusehen bei emunch, Edvard Munchs Texter, Digitalt Arkiv, hrsg. vom Munch-museet, online unter http://emunch.no/, Stand 6.3.2013.