Titel: Der Hof (La Ferme)
Datierung: 1920
Format: 49,50 cm x 60 cm
Gattung: Malerei
Erwerbungsjahr: 1958
Verbleib: Museum Ludwig, Köln
Technik: Öl auf Leinwand
Museumsdirektor bei Erwerb: Otto H. Förster
Alfred Flechtheim und André Derain
André Derain, französischer Maler und Bildhauer, ist den Kubisten und Fauvisten zuzuordnen. Mit ihnen stellte er in Paris im Salon des Indépendants aus. Seit 1901 teilte er sich mit dem befreundeten Künstler Maurice de Vlaminck ein Atelier in Paris, wo er sich regelmäßig mit George Braque und Pablo Picasso austauschte. Bereits 1907 schloss Daniel-Henry Kahnweiler einen Exklusivvertrag mit Derain und 1920 widmete er ihm eine kunsttheoretische Abhandlung, die Derain in die Tradition des Avantgardisten Paul Cézanne stellte, während seine fauvistische Periode von Henri Matisse beeinflusst war.
Als die deutsche "Propaganda-Staffel" 1941 französische Künstler für eine vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda organisierte Rundreise durch die Ateliers deutscher Kollegen einlud, befand sich unter den Malern auch Derain. Bedeutende Künstler waren weiterhin Maurice de Vlaminck, Othon Friesz, Cornelis Van Dingen, Charles Despiau und Paul Belmondo. Daran anschließend setzte das New Yorker Magazin Times Derain auf die schwarze Liste der "Collabos", die nach dem Krieg mit einer Verurteilung zu rechnen hatten.
Der in Paris ansässige Daniel-Henry Kahnweiler hatte Derain international bekannt gemacht und war 1921 eine Interessensgemeinschaft mit Alfred Flechtheim eingegangen. Flechtheim bestellte zur Eröffnung seiner neuen Berliner Galeriedependance bei Kahnweiler folgendes: "Wir müssen haben: ein oder zwei ganz bedeutende Bilder von Derain, einige sehr gute Werke Ihrer anderen Künstler und einige Ihrer frühen Picasso-Zeichnungen." Zur Eröffnungs-Ausstellung im Oktober 1921 zeigte Flechtheim sogar drei Arbeiten Derains. Im April 1929 präsentierte eine Einzelausstellung in der Berliner Galerie Flechtheim neben 69 Ölgemälden von Derain zahlreiche Aquarelle und Zeichnungen. Im Vorwort dankt Flechtheim für das Zustandekommen der Ausstellung seinem "Freunde Herrn Henry Kahnweiler in Paris". Mit mindestens 15 großen Ausstellungsbeteiligungen von 1913 bis 1930 war Derain ein wichtiger Künstler in der Galerie Flechtheim.
Beschreibung
Das Gemälde zeigt die hoch aufragenden Mauern eines Hofes mit einer weiblichen Figur im Vordergrund und ist wahrscheinlich in der Nähe von Rom entstanden. Zur rechten der Frau befindet sich ein Tor, hinter dem Bäume und Landschaft sichtbar werden. Der Künstler reduziert die Farbskala auf gedämpfte Braun-, Grün- und Ockertöne. In einer gleichmäßigen und dünnen Pinselschrift – zum Teil ritzt der Künstler in das Grün der Bäume - werden die Formen wie die Person vereinfacht dargestellt, doch die reale Bildwirklichkeit bleibt für das Werk bestimmend.
Literatur
Ausstellung André Derain. Galerie Alfred Flechtheim, Düsseldorf 1927, Kat-Nr. 30.
Ausstellung André Derain. Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen, Galerie Alfred Flechtheim, Berlin 1929, Kat-Nr. 23.
Evelyn Weiss: Katalog der Gemälde des 20. Jahrhunderts. Die älteren Generationen bis 1915 im Wallraf-Richartz-Museum – mit Teilen der Sammlung Ludwig – und im Kunstgewerbemuseum (Kataloge des Wallraf-Richartz-Museums, VII), Köln 1974, S. 50, Abb. Nr. 72.
Siegfried Gohr (Hg.): Museum Ludwig Köln. Gemälde, Skulpturen, Environments vom Expressionismus bis zur Gegenwart. Bestandskatalog, München 1986, S. 56.
Hans Albert Peters und Stephan von Wiese (Hg.): Alfred Flechtheim. Sammler. Kunsthändler. Verleger, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Düsseldorf, Köln 1987, S. 245.
Derain, André: La ferme (Der Hof), in: Kulturelles Erbe Köln