Alfred Flechtheim und Ernst Barlach
Der Bildhauer, Grafiker und Schriftsteller Ernst Barlach galt von Beginn an als ein Einzelgänger des Expressionismus. Dennoch feierte der Künstler bereits in der Weimarer Republik größte Erfolge mit seinen von seelischem Leid und Leben durchdrungenen Holzskulpturen. Nach seiner Russlandreise 1906 löste sich Barlach endgültig vom akademischen Kanon. Das Landschaftserlebnis sowie die Begegnung mit russischen Bauern und Bettlern inspirierten ihn zu einer klaren, kubischen Formensprache. Er entwickelte einfache, erdverbundene Figuren, denen er abstrahierte Gewänder und schlichte Gebärden verlieh. Die zurückgenommene Haltung als eindringlicher Ausdruck existentieller Verinnerlichung zeichnen auch Barlachs öffentliche Mahnmale gegen den Krieg aus. Die monumentalen Arbeiten, die bereits in der Weimarer Republik heftige Proteste hervorriefen, wurden von den Nationalsozialisten entfernt und größtenteils zerstört. 1937 fielen der Aktion Entartete Kunst mehr als 400 Werke von Ernst Barlach zum Opfer, die in deutschen Museen entfernt wurden.
Flechtheim stellte Barlachs Skulpturen und Grafiken bereits seit der Gründung seiner Düsseldorfer Galerie im Jahr 1913 regelmäßig aus. Nachdem sich Barlachs Kunsthändler Paul Cassirer 1926 das Leben genommen hatte, übernahm er zudem die kunsthändlerische Vertretung des Bildhauers. Flechtheim gab nicht nur die Bürgschaft für Barlachs neues Atelierhaus im mecklenburgischen Güstrow, er regte ihn auch zu einer intensiven Auseinandersetzung mit dem Material Bronze an. 1930 vereinbarte er mit dem Künstler ein erstmaliges Gussprogramm von zwanzig Werken nach Modellen, die seit 1907 entstanden waren. Noch im selben Jahr wurden die Arbeiten im Rahmen einer erfolgreichen Einzel- und Verkaufsausstellung sowohl in Berlin, als auch in Düsseldorf gezeigt. Eine ab 1931 geplante Erweiterung des Gussprogramms scheiterte jedoch an der Liquidierung der Berliner Galerie, der Emigration Flechtheims 1933 sowie an Barlachs sich umkehrender Reputation und seiner zunehmenden Diffamierung durch die Nationalsozialisten als »entarteter« Künstler.