Alfred Flechtheim und Paul Klee
Nach einem eher autodidaktisch vollzogenen Studium mit kurzer Ausbildung bei Heinrich Knirr und Franz von Stuck in München fand Paul Klee mit seinen naturalistisch feinsinnigen Zeichnungen erste Anerkennung im Umkreis der Künstlergruppen des Blauen Reiter und des Sturm in Berlin durch Herwarth Walden. Dieser wurde neben Paul Cassirer und Heinrich Thannhauser zunächst zu seinem wichtigsten Händler. Insbesondere seine 1914 während einer Tunesienreise entstandenen abstrakten Aquarelle brachten Klee während des Ersten Weltkrieges erste Verkaufserfolge und das Lob der deutschen Kunstkritik. Mit seiner Berufung 1919 an das Staatliche Bauhaus in Weimar wandelten sich die Formate, Maltechniken und Bildträger ebenso wie das Formenvokabular von Klees Kunststil. Amorphe und geometrische Elemente, Liniengefüge, eine verschlüsselte Bildsprache wurden charakteristisch. Klee verfasste begleitend kunsttheoretische Schriften.
Klees Plan einer endgültigen Umsiedelung nach Düsseldorf infolge der 1931 aufgenommenen Professur an der dortigen Akademie wurde durchkreuzt durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten. 1933 erlebte Klee die Durchsuchung seines Dessauer Hauses mit Beschlagnahmung persönlicher Dokumente sowie die öffentliche Diffamierung als »galizischer« Jude, seine Beurlaubung und endgültige Entlassung aus seinem Lehrstuhl zum Jahresende. Er musste nach Bern emigrieren. 1937 wurden im Rahmen der Aktion »Entartete Kunst« 102 Werke von Klee aus deutschen Museen entfernt.
1919 bemühte sich Flechtheim erstmals um Geschäftskontakte zu Klee, der jedoch einen bis 1925 andauernden Generalvertretungsvertrag mit Hans Goltz in München abgeschlossen hatte. Goltz belieferte Flechtheim zunächst mit Werken auf Kommissionsbasis. Klee steuerte nach Gründung der Klee-Gesellschaft im Jahr 1925 seine Geschäfte selbst, wodurch verschiedene Galeristen, darunter Flechtheim, Werke auf Kommissionsbasis verkaufen konnten. Am Verkaufserlös eines Aquarells war Flechtheim mit 33 1/3 % und am Verkaufserlös eines Gemäldes mit 25 % beteiligt. Beim Verkauf eines Bildes an einen anderen Galeristen standen Flechtheim 10 % auf den Nettopreis zu. Klee legte den Nettopreis fest. Klee beschenkte Flechtheim zum 50. Geburtstag mit einem Aquarell und lieferte einen Beitrag in der Jubiläumsausgabe der Galeriepublikation Querschnitt. Flechtheim revanchierte sich mit Illustrationen und Reproduktionen von Klee im Querschnitt.
1933 forderte Klee seine Werke von den ihn vertretenden Galerien zurück, darunter auch von Flechtheim und verlagerte seinen Kunsthandel ins Ausland. Im Oktober 1933 schloss er im Beisein und mit Einwilligung Flechtheims mit Daniel-Henry Kahnweiler und der Galerie Simon einen Generalvertrag. Im November 1933 verzichtete Klee auf seine Forderungen gegenüber Flechtheim, um dessen Konkurs nicht zu begünstigen. Flechtheim konnte aber mit Klee für Januar 1934 eine Ausstellung in der Londoner Mayor Gallery vereinbaren, für die er sich Werke aus Deutschland nach London schicken ließ. An den Verkäufen waren neben Klee und Flechtheim auch die Mayor Gallery und die Galerie Simon in Paris beteiligt. Unter den in der Berliner Wohnung von Bertha Flechtheim nach deren Selbstmord 1941 zurückgebliebenen und beschlagnahmten Kunstwerken soll sich nach Zeitzeugenaussage auch ein Werk von Paul Klee befunden haben, dessen Identität und Verbleib unbekannt ist.