Titel: Herr am Telefon (Alfred Flechtheim)
Datierung: 1911
Format: 32,60 cm x 20,90 cm
Gattung: Grafik
Erwerbungsjahr: 1913
Verbleib: Museum Ludwig, Köln
Technik: Bleistift
Museumsdirektor bei Erwerb: Alfred Hagelstange
Alfred Flechtheim und Otto Feldmann
Der in Wien gebürtige Grafiker, Maler und Kunsthändler Otto Feldmann studierte Kunst in München und war Schüler von Théophile Steinlen in Paris. Er unterhielt Kontakte zu den Künstlern des Café du Dôme und gehörte zudem zum Künstlerkreis von August Macke. Im Rheinland ist Feldmann vor allem durch seine Galerie Rheinischer Kunstsalon bekannt, die er im Januar 1912 in Köln am Hansaring eröffnete. Im Jahr darauf kam eine weitere Dependance in Berlin hinzu. Als Künstler trat Feldmann mit satirischen Zeichnungen, Aquarellen, Radierungen und Entwürfen für Gebrauchsgrafik hervor, die sich an der Bildsprache des Jugendstils orientierten. Der Stil seiner Zeichnungen zeigt deutliche Einflüsse des französischen Künstlers Jules Pascin, den Feldmann wiederholt in seinen Galerien ausstellte. 1908 beteiligte er sich mit diversen Papierarbeiten an der achten Jahresausstellung der Vereinigung Kölner Künstler im Kunstgewerbemuseum. 1923 heiratete Feldmann Ida Levy und lebte mit ihr und ihrer Tochter aus erster Ehe in Köln-Deutz. Anfang 1939 mussten sie Deutschland verlassen und Feldmann wurde bei einem Besuch in der Tschechoslowakei von der deutschen Besatzung verhaftet. Otto Feldmann wurde 1942 im Konzentrationslager Sobibór ermordet. Feldmanns Witwe gelang mit ihrer Tochter noch im selben Jahr die Emigration in die USA.
Die Werke Otto Feldmanns wurden nicht in der Galerie Alfred Flechtheims gezeigt. Ein Porträt Flechtheims in Ganzfigur, das sich heute im Museum Ludwig in Köln befindet und das Feldmann im Jahr 1911 in Bleistift anfertigte, verweist jedoch darauf, dass Flechtheim und Feldmann einander kannten. Es ist anzunehmen, dass Flechtheim für Feldmann wichtige Verbindungen zum Pariser Kunstmarkt hergestellt hatte. Insbesondere verdankte er Flechtheim wohl die Bekanntschaft mit Daniel-Henry Kahnweiler. So nahm Feldmann bereits 1912 jenes Programm der französischen Moderne und Werke der Künstler des Café du Dôme im Rheinischen Kunstsalon vorweg, welches Alfed Flechtheim im Jahr darauf in seinen eigenen Räumlichkeiten in Düsseldorf zeigte.
Beschreibung
Die Zeichnung von Otto Feldmann zeigt den in ein Telefonat vertieften Kunsthändler in Ganzfigur. Flechtheim lehnt sich dabei stehend gegen ein Möbel in seinem Rücken. Er ist dem Betrachter zugewandt und hat in lässiger Haltung das linke vor das rechte Bein geschlagen. Der skizzenhaften Komposition nach scheint es sich hier um eine in leichten Pinselstrichen angelegte umrisshafte Gelegenheitszeichnung zu handeln, die sich in ihrem Stil an die Zeichenkunst von Jules Pascin anzulehnen scheint. Feldmann und Flechtheim waren sich aller Voraussicht nach im Cafe du Dôme in Paris begegnet und hatten dort ihre Leidenschaft für das Sammeln und Handeln von moderner Kunst entdeckt.
Literatur
Alfred M. Fischer und Agnes von der Borch: In der Zeichnung liegt die Wahrheit der Kunst. 100 Arbeiten auf Papier aus der Graphischen Sammlung des Museums Ludwig Köln mit Bestandsverzeichnis, Köln 1986, S. A13.
Dierk Stemmler (Hg.): Die Rheinischen Expressionisten. August Macke und seine Malerfreunde, Ausst.-Kat. Städtisches Kunstmuseum Bonn, Recklinghausen 1984.
Daniela Wilmes: Wettbewerb um die Moderne. Zur Geschichte des Kunsthandels in Köln nach 1945 (Schriften zur modernen Kunsthistoriographie 2), Berlin 2012, S.23f., 37f.
Stephan Berg (Hg.): Ein Expressionistischer Sommer – Bonn 1913. München 2013, Ausst.-Kat. Kunstmuseum Bonn, München 2013.
Feldmann, Otto: Herr am Telefon (Flechtheim), in:
Kulturelles Erbe Köln