Titel: Kniender weiblicher Akt
Datierung: o. J.
Format: 31,80 cm x 24,40 cm
Gattung: Grafik
Erwerbungsjahr: 1946
Verbleib: Museum Ludwig, Köln
Technik: Bleistift
Museumsdirektor bei Erwerb: Leopold Reidemeister
Alfred Flechtheim und Aristide Maillol
Im Jahr 1904 publizierte der deutsche Kunsthistoriker Julius Meier-Graefe sein Hauptwerk, Die Entwicklungsgeschichte der modernen Kunst. Als erster Kunsthistoriker widmete er dem skulpturalen Werk von Aristide Maillol eine kunsttheoretische Analyse. Mit Maillol beginne die Moderne für die Plastik, schreibt Meier-Graefe. Kennzeichnend bei Maillols Bronze-, Stein-, vereinzelt auch Holz- oder Terrakotta-Skulpturen sind die klar umrissenen Formen und glatten Oberflächen, die eine Natürlichkeit in Ausdruck sowie Gestalt bewirken. Die Nu (Nackten), zumeist Frauen in gelassenen, ungekünstelten Posen verkörpern ein Ideal, das an die griechische Antike erinnert. Die deutsche Rezeption der späten 1920er und frühen 1930er Jahre war noch positiv. Die Frankfurter Zeitung rezensierte 1933 eine große Maillol-Ausstellung der Basler Kunsthalle. Dort schrieb sie ihm gar die Rolle eines Vorläufers für die Plastik im »neuen Reich« zu. Bedeutende Nachfolge fand dieser Gedanke nicht, im Gegenteil: Von Göring ist überliefert, dass er die üppigen Formen keineswegs schätze.
Die erste erfolgreiche Ausstellung hatte Maillol bereits 1902 in der Galerie von Ambroise Vollard in Paris. Außerhalb Frankreichs galt Alfred Flechtheim als sein bedeutendster Galerist. Bereits 1913 bei der Eröffnungsausstellung seiner Düsseldorfer Galerie war der Künstler mit Zeichnungen, Lithografien, der bronzenen Porträtbüste Renoirs und weiteren Arbeiten vertreten. Zwischen 1913 und 1932 lassen sich mindestens zwölf weitere Ausstellungsbeteiligungen nachweisen. Die erste große deutsche Werkschau Maillols fand 1928 in Flechtheims Berliner Galerie statt. Über 75 Arbeiten, darunter 46 Plastiken, wurden gezeigt, wobei der Großteil der Werke aus Privatsammlungen, vor allem der Harry Graf Kesslers, stammten. Harry Graf Kessler war Flechtheim in seiner Entdeckung voraus, denn er kaufte bereits um 1904/05 direkt im Atelier Maillols. Für diesen und andere Sammler war Flechtheim immer wieder Mittelsmann.
Wie Marie Laurencin und Henri Matisse unterstütze auch Aristide Maillol Alfred Flechtheims Einbürgerungsantrag 1936 in Frankreich, an dessen Realisierung er keinen Zweifel hegte: »Marly le roi, 10 juin 1936. Mon cher ami. Pour ma part je serais heureux que vous soyez des nôtres - Quand vous étiez à Berlin dans vos expositions vous avez toujours su à presenter l'art Français, et c'est de la peinture Française que l'on voyait surtout dans vos salles d'exposition. Je ne doute pas que l'on vous accorde d'être naturalisé français. Je m'en rejouirai votre devoué Maillol. «
Die französischen Einwanderungsbehörden lehnten jedoch eine »naturalisation« Flechtheims mit dem Hinweis ab, dass sich diese nicht nachweisen lasse.