Titel: Landschaft mit Krähen am Himmel
Datierung: 1910
Format: 65,30 cm x 82 cm
Gattung: Malerei
Erwerbungsjahr: 1920
Verbleib: Museum für Kunst und Kultur, Westfälisches Landesmuseum, Münster
Technik: Öl auf Leinwand
Museumsdirektor bei Erwerb: Max Geisberg
Alfred Flechtheim und Wilhelm Morgner
In seiner kurzen Schaffensphase hinterließ Wilhelm Morgner, der mit 26 Jahren im Ersten Weltkrieg fiel, ein umfangreiches Werk, insgesamt 235 Gemälde, fast 2000 Zeichnungen, 67 Druckgrafiken und zwei Plastiken. Überwiegend als Autodidakt arbeitend, besuchte er 1908 die Malschule von Georg Tappert in Worpswede. Dieser war bis zu Morgners Tod sein künstlerischer Berater und Freund. Trotz aller Kritik blieb Morgner - abgesehen von kurzen Studienaufenthalten - seiner Heimatstadt verbunden. Durch seine Aufenthalte in Berlin kam er in Kontakt mit dem Pointillismus, lernte Werke van Goghs und des frühen Expressionismus kennen. Er verarbeitete die gewonnenen Erkenntnisse in seinen Arbeiten, welche sich zunehmend von der gegenständlichen Darstellung lösten und mit der Wirkung der reinen Farbe auseinandersetzten. Ab 1912 wurde er abstrakter, seine oft als "astrale" oder "ornamentale" Kompositionen bezeichneten Werke vermittelten religiöse Inhalte. Von 1911 bis 1913 nahm Morgner an Ausstellungen der Neuen Sezession in Berlin, des Blauen Reiter und der Sonderbund-Ausstellung in Köln teil. Er publizierte seine Arbeiten in den Zeitschriften Der Sturm, Die Aktion sowie im Almanach des Blauen Reiter. Im Zuge der Aktion Entartete Kunst wurden 76 seiner Werke im Jahr 1937 beschlagnahmt.
Wilhelm Morgner und Alfred Flechtheim kannten sich zu Lebzeiten vermutlich nicht. Der Kontakt zu Flechtheim wurde aller Wahrscheinlichkeit nach von Tappert hergestellt, der seit 1919 für die Abwicklung der Vermögens- und Nachlassangelegenheiten verantwortlich war. Im April 1920 wurde dann der Galerie Flechtheim der Vertrieb des gesamten Nachlasses überlassen und an verschiedene Bedingungen geknüpft. Zum Beispiel erhielt Flechtheim 35% vom Bruttopreis. Unterzeichnende des Vertrages waren Maria Morgner, Tappert und Flechtheim. Der Verlag Flechtheim übernahm zudem die Holz- und Linolschnitte sowie die Radierungen und verpflichtete sich, die Originalgrafik teils als Mappen, teils als Einzelblätter zu verkaufen. Flechtheim besaß auch die meisten originalen Druckplatten und Holzstöcke.
Beschreibung
Wilhelm Morgner geht 1908 nach Worpswede, um die neueingerichtete Malschule von Georg Tappert zu besuchen. Es entstehen Naturstudien, die er nach seiner Rückkehr nach Soest zunächst umsetzt. In dieser Zeit entstehen neben Selbstbildnissen vor allem Landschaften. Die 1910 gemalte „Landschaft mit Krähen“ ist noch stark von Arbeiten van Goghs beeinflusst. Pinselstriche sind neben Pinselstriche gesetzt. Morgner verwendet schon einen auffälligen, pastosen Farbauftrag. Seine Werke sind noch Naturstudien, die sich durch eine dunkeltonige Farbigkeit auszeichnen.
Literatur
Korzus, Bernard: Kunst und Kulturgeschichte: Eine Auswahl. Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Münster. Münster: 1968. S. 300.
Güse, Ernst-Gerhard: Wilhelm Morgner. Bildhefte des Westfälisches Landesmuseums für Kunst und Kulturgeschichte. Nr. 20. Münster, 1983. S. 83.
Dorn, Roland: Vincent van Gogh und die Moderne 1890-1914. Freren: Luca, 1990. S. 402-403.
(Franz, Erich: Werke der Moderne bis 1945. Die Zeit der Betrachtung. Münster: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, 1999. S. 18.)
(Mayr, Gudula: 100 Jahre Künstlergruppe „Brücke“. Werke aus der eigenen Sammlung. Münster: Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, 2005. S. 9.)
Bussmann, Klaus (Hg.): Wilhelm Morgner 1891−1917. Gemälde, Zeichnungen, Druckgraphik. Stuttgart: Hatje, 1991.
Funk, Anna-Christa (Hg.): Rohlfs, Böckstiegel, Morgner: drei Maler sehen Westfalen, den Menschen und die Landschaft. Hagen: Karl Ernst Osthaus-Museum, 1975.