Titel: Weintrauben
Datierung: 1924
Format: 22 cm x 33 cm
Gattung: Malerei
Erwerbungsjahr: 1968
Verbleib: Staatsgalerie Stuttgart
Technik: Öl auf Leinwand
Museumsdirektor bei Erwerb: Erwin Petermann
Alfred Flechtheim und Juan Gris
Der spanische Maler Juan Gris zählt neben Pablo Picasso und Georges Braque zu den Hauptvertretern des Synthetischen Kubismus. Während der wegweisenden Entstehungsjahre des Kubismus zwischen 1906 und 1909 hatte Gris sein Atelier Tür an Tür mit Picasso im sogenannten Bateau Lavoir, einem alten baufälligen Ateliergebäude in Paris, das zu diesem Zeitpunkt zu einer Brutstätte der Avantgarde-Kunst wurde. Gris hat sich allerdings an den intensiven künstlerischen Debatten zunächst kaum selbst aktiv beteiligt, sondern arbeitete bis 1910 als Illustrator für verschiedene Pariser Zeitschriften. Erst 1912 griff Gris in den künstlerischen Diskurs ein und prägte in den folgenden fünf Jahren den Kubismus entscheidend mit.
Im Jahr 1911 lernte Gris den in Paris ansässigen Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler kennen, mit dem er ab 1913 einen Exklusivvertrag abschloss. Der Vertrag musste aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges gelöst werden, wurde aber mit der Eröffnung von Kahnweilers Galerie Simon 1920 wieder erneuert. Nur kurze Zeit später vereinbarten auch die Kunsthändler Daniel-Henry Kahnweiler und Alfred Flechtheim eine exklusive Interessensgemeinschaft und Flechtheim übernahm die Vertretung aller Künstler der Galerie Simon für Deutschland. Von nun an gehörte Gris zu den mit Flechtheim eng verbundenen Künstlern. Gris' Notes sur ma peinture wurden anlässlich der ersten Einzelausstellung in der Berliner Galerie im September 1923 in der Zeitschrift Der Querschnitt veröffentlicht. Eine weitere Einzelausstellung folgte 1925 in der Düsseldorfer Galerie von Flechtheim.
Die von Flechtheim organisierten Einzelausstellungen sind die einzigen, die außerhalb von Paris zu Lebzeiten des Künstlers gezeigt wurden. Von Hermann Lange stammt der Ausspruch, dass es Flechtheim war, der Pariser Luft mit an den Rhein gebracht habe. Nach dem Tod Gris' 1927, ehrte Flechtheim den Künstler 1930 mit einer großen Retrospektive. In seiner Gris-Monografie bemerkte Kahnweiler rückblickend: "Gris verdankte diesem enthusiastischen Kunstfreund, diesem großen Kunsthändler, diesem unermüdlichem Förderer der Kunst sehr viel."
Beschreibung
Das Stilleben zeigt Weintrauben in einer Schale, einen Löffel und ein Gefäß, die auf einem durchsichtigen Stück Stoff drapiert sind. Die Formen der einzelnen Gegenstände sind leicht eckig, aber nicht mehr eindeutig dem Kubismus zuzuordnen, sondern sanfter in Form und Farbgebung. Die Weintrauben in der Schale haben ihre rundliche Form behalten. Das Gemälde ist in erdbraunen Tönen gemalt, die mit dem durchscheinenden Stoff und dem durchsichtigen Löffel kontrastieren.
Juan Gris befand sich 1923/24 in einer Schaffenskrise, in der er sich stärker dem Realismus zuwandte. Kurz darauf verwarf er auf Anraten seines Kunsthändlers Kahnweiler diese Entwicklung und kehrte zu seinem ursprünglichen Stil zurück.
Literatur
"In memoriam Juan Gris", Galerie Flechtheim, Berlin, Ausstellungskatalog, Nr. 37, Februar 1930 Kunsthaus Zürich: Juan Gris-Léger, 2.-26.4.1933, Nr. 118 (Leihgabe Alex Vömel)
Daniel-Henry Kahnweiler: Juan Gris, Leben und Werk. Stuttgart 1968
Douglas Cooper/Margaret Potter: Juan Gris: Catalogue raisonné de l'œuvre peint établi avec la collaboration de Margaret Potter. Paris 1977. Bd. II, S. 306, Nr. 485.
Juan Gris. Christopher Green, mit Beiträgen von Karin von Maur: Ausstellungskatalog der Staatsgalerie Stuttgart. Stuttgart 1992-1993.
Die Sammlung Kahnweiler. Von Gris, Braque, Léger und Klee bis Picasso. Hans Albert Peter. Ausstellungskatalog. Düsseldorf 1994-1995
Juan Gris. Peintures et dessins 1887-1927. Ausstellungskatalog, Musée Cantini, Marseille, Marseille 1998. S. 110, Nr. 73.